Gündogan ist der perfekte Kapitän
20.06.2024 | 14:53 Uhr
Didi Hamann lobt in seiner Kolumne die Auftritte der deutschen Nationalmannschaft, warnt aber auch, dass die EM erst nächste Woche richtig losgeht. Der Sky Experte erklärt, was die Stärke von Ilkay Gündogan ausmacht und warum Jamal Musiala im DFB-Team besser aufgehoben ist als in England.
Deutschland musste beim 2:0 gegen Ungarn ein, zwei Schreckmomente überstehen, aber diese hat die Mannschaft gut weggesteckt und den Sieg souverän nach Hause gespielt. Wenn man sieht, welche Probleme die anderen Nationen gegen vermeintliche schwächere Gegner hatten, waren bisher wenige besser als wir.
Julian Nagelsmann hat nach dem Spiel sehr gute Dinge über die Stimmung nach den beiden Auftaktsiegen gesagt. Es bringt nichts, die Euphorie jetzt zu bremsen. Du musst sie laufen lassen, aber du musst dir bewusst sein, dass die EM erst nächste Woche richtig losgeht. Die Pflichtaufgabe ist bewältigt, dass wir weiterkommen, durfte man erwarten. Als Gruppensieger ins Achtelfinale zu kommen, wäre umso besser.
Nagelsmann und sein Trainerteam haben bei der Zusammenstellung des Kaders, den Aufstellungen und den Wechseln bisher alles richtig gemacht. Man muss abwarten, was passiert, wenn es mal einen Rückschlag gibt. Dann werden wir sehen, wie stabil die Mannschaft ist.
Mit spielerischen Mitteln allein wirst du keine Spiele oder Turniere gewinnen. Du musst auch körperlich dagegenhalten. Unsere Innenverteidiger und Robert Andrich haben es bisher wunderbar gemacht, genau wie Ilkay Gündogan bei seinem Zweikampf mit Willi Orban und seiner Vorarbeit zum 1:0. Er hat in seinen Jahren in England einiges gelernt und sich auch physisch verbessert.
Gündogan war gegen Ungarn mit seiner Vorlage und seinem Tor der Mann des Abends. Das 2:0 hat ihm und der Mannschaft geholfen, sein Abschluss war einfach fantastisch. Der Ball war sehr viel schwieriger als er aussah.
Mich hat in den ersten beiden Spielen an ihm nicht nur beeindruckt, dass er an mehreren Treffern beteiligt war, sondern dass er auch immer wieder seine Mitspieler glänzen lässt. Es ist auch eine Qualität zu erkennen und mal einen Raum nicht zu besetzen, weil er sieht, dass Jamal Musiala hinläuft und ins Dribbling gehen kann.
Im vergangenen Jahr hatte ich die Entscheidung, Gündogan als Kapitän zu bestätigen, kritisiert, weil ich für ihn neben Musiala und Wirtz keinen Platz in der Mannschaft gesehen hatte. Aber nach seinen Leistungen bei dieser EM muss ich sagen, dass er sich diesen Platz und die Spielführerbinde absolut verdient hat. Wie er vorangeht und im Spiel nach vorne immer wieder Akzente setzt, ist hervorragend. Er ist bisher der perfekte Kapitän. Ob er es in drei Wochen auch noch ist, werden wir sehen.
Jonathan Tah knüpft bei der EM an seine starke Saison in Leverkusen an. Dass neben dem FC Bayern auch andere Vereine an ihm interessiert sind, steht außer Frage. Körperlich starke und schnelle Innenverteidiger wie er sind in England immer gefragt. Es würde mich wundern, wenn es aus der Premier League keine Anfragen für ihn gibt.
Der herausragende deutsche Akteur in den ersten beiden Spielen war Musiala. Die Engländer trauern ihm hinterher, aber sie schaffen es nicht, einen Phil Foden oder Harry Kane ins Spiel zu bringen. Ich denke, dass Musiala die richtige Entscheidung getroffen hat und dass er bei uns besser aufgehoben ist. Er hat sichtlich großen Spaß und ich hoffe, dass es bei ihm so weitergeht.
Die deutsche Mannschaft wurde vor der EM von vielen sehr hoch eingeschätzt. Ich war mir da nicht so sicher. Jetzt bin ich etwas positiver gestimmt als vor dem Turnier, aber ich würde nicht zu weit vorausschauen. Die ersten beiden Spiele waren okay, aber gegen die Schweiz wird es noch einmal schwieriger. Danach muss man sehen, auf wen wir im Achtelfinale treffen.
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