Vor Wiedersehen mit Bayern: Die Leidenszeit des Philippe Coutinho
14.09.2021 | 13:29 Uhr
Philippe Coutinho ist der Rekordtransfer des FC Barcelona. Bislang steht seine Zeit bei den Katalanen allerdings unter keinem guten Stern. Verletzungen warfen den Brasilianer immer wieder zurück. Im Sommer fiel er in ein emotionales Loch und hatte sogar an seiner Rückkehr gezweifelt.
Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren steht Coutinho beim FC Barcelona unter Vertrag. Für satte 135 Millionen Euro hatten sich die Katalanen damals die Dienste des Ex-Liverpoolers gesichert. Damit ist er hinter Neymar und Kylian Mbappe bis heute der weltweit drittteuerste Transfer der Fußball-Geschichte.
Der 29-Jährige steht dabei neben Namen wie Ousmane Dembele oder Antoine Griezmann symbolisch für die erratische Transferpolitik der Katalanen in den vergangenen Jahren, die mit einem angehäuften Schuldenberg von über einer Milliarde Euro ums finanzielle Überleben kämpfen.
Sein fußballerisches Glück hat Coutinho in Barcelona bislang nicht gefunden. Der Brasilianer absolvierte 90 Pflichtspiele im Dress der Blaugrana, erzielte dabei 23 Tore und kam auf 14 Vorlagen. Zwischendurch verliehen ihn die Bosse für eine gesamte Saison zum deutschen Rekordmeister Bayern München. Eine gigantische Investition mit einem bislang eher überschaubaren Ertrag.
Die Gründe dafür sind vielseitig. Trotz seiner zweifelsohne enormen fußballerischen Qualitäten präsentierte sich Coutinho bei Barca auf dem Platz bislang oftmals zurückhaltend. Nur selten rief er sein Können über 90 Minuten hinweg ab. Wenn es für ihn und seine Teamkollegen mal nicht so lief, zeigte sich Coutinho zudem schlichtweg nicht kämpferisch genug.
Besonders unter seinem ehemaligen Trainer Ernesto Valverde stand er deshalb oftmals im Schatten anderer und war eher zweite Wahl. "Ich will sehen, dass die Spieler arbeiten. Das ist nicht unbedingt sein Stil. Auch wenn er damit nicht glücklich ist, Coutinho muss mehr kämpfen", sagte dieser im Januar 2019 über den Edel-Techniker.
Doch der Blick auf Coutinhos Historie im Barca-Dress zeigt auch: Der Südamerikaner hat eine echte Leidenszeit hinter sich. Er wurde immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, erst im vergangenen Winter zog sich der 29-Jährige eine üble Meniskusverletzung zu. Er fiel ganze 222 Tage aus und verpasste damit nahezu die gesamte Saison. Es folgte ein äußerst komplizierter Sommer.
Coutinho kämpfte immer noch mit seiner Verletzung und konnte während der Vorbereitung nicht mit seinen Teamkollegen trainieren. Lange Zeit war unklar, ob er überhaupt noch einmal für Barca auflaufen wird. Denn um in die von der Liga vorgeschriebenen Gehaltsgrenze zu geraten, sollte auch Coutinho aufgrund seines Salärs lange Zeit auf der Barca-Verkaufsliste gestanden haben. Doch die Vereinsbosse fanden keinen Abnehmer.
Angesichts seiner langen Leidenszeit, die ihn zwischenzeitlich sogar an seinem Comeback hat zweifeln lassen, zeigte sich der feinfühlige Mittelfeldspieler auch selbst äußerst emotional. "Ich konnte mir nicht vorstellen, wieder zu spielen", gab er während eines zehnminütigen Videos auf seinem Instagram-Kanal zu. "Es war extrem schwierig, das Bild von Philippe auf dem Spielfeld im Kopf zu haben."
Coutinho fiel in ein regelrechtes emotionales Loch. Nach "schwierigen Monaten mit vielen Unwägbarkeiten" ist er nun aber trotzdem endlich wieder zurück auf dem Platz. Seine Verletzung ist vollständig auskuriert, beim vergangenen Pflichtspiel gegen FC Getafe saß er erstmals wieder auf der Barca-Bank.
Trotz allem zieht der "kleine Magier" auch positive Schlüsse aus der frustrierenden Zeit: "All dies war Teil meiner Entwicklung als Spieler und als Mensch. Heute bin ich bereit und begierig darauf, das zu tun, was ich in diesem Leben am meisten liebe." Ganz nach dem Motto "Come back stronger" will der als Transferflop abgestempelte Coutinho nochmal angreifen und beweisen, dass er auch bei Barca ein ganz Großer sein kann. Die aktuelle Situation bei den Katalanen scheint dafür perfekt.
Denn nach den zahlreichen Abgängen um Superstar Lionel Messi steht die Mannschaft von Trainer Ronald Koeman vor einem enormen Umbruch. Besonders in der Offensive ist nicht hundertprozentig klar, wer in den kommenden Wochen für die Startelf gesetzt sein wird. Mit Sergio Agüero und Ousmane Dembele fallen vorerst zwei potenzielle Konkurrenten auf einen Startelf-Platz aus. Eine Rückkehr des Duos wird erst für Mitte Oktober angepeilt, Coutinho könnte sich währenddessen zeigen.
Und auch Koeman freut sich über die Rückkehr. "Ja, ich setze auf ihn, denn er ist für mich ein großartiger Spieler, der wichtig für Barca sein kann. Ich zähle auf Coutinho für diese Saison. Er hat Effektivität in seinem Spiel, kann auf verschiedenen Positionen spielen. Im zentralen Mittelfeld, auf dem linken Flügel mit mehr Freiheit", sagte der Niederländer vor dem Saisonauftakt.
Doch bei aller Euphorie werden die Vereinsbosse hinsichtlich ihres Rekordtransfers in naher Zukunft womöglich noch eine bittere Pille schlucken müssen. Wie die spanische Sport jüngst berichtete, wird ein 20 Millionen Euro schwerer Bonus an den FC Liverpool fällig, wenn Coutinho die Marke von 100 Spielen für Barca erreicht. Bislang lief er 90 Mal für die Blaugrana auf. Für die finanziell mehr als angeschlagenen Katalanen wäre die saftige Nachzahlung ein weiterer wirtschaftlicher Rückschlag.
Am Dienstagabend trifft der Coutinho mit Barca in der ersten Champions-League-Partie dieser Saison auf seine alten Weggefährten vom FC Bayern. Für einen Startelf-Einsatz wird es aller Voraussicht nach noch nicht reichen. Klar ist jedoch, dass er in den kommenden Wochen alles daran setzen wird, seinen Wechsel zu den Katalanen doch noch zum Erfolg zu machen - natürlich nur, wenn er frei von Verletzungen bleibt.
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