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Holstein Kiel News: Ole Werner spricht über seinen Rücktritt

Werner: "War nicht mehr der bestmögliche Trainer für Kiel"

Ole Werner ist im September als Chef-Trainer von Zweitligist Holstein Kiel zurückgetreten.
Image: Ole Werner ist im September als Chef-Trainer von Zweitligist Holstein Kiel zurückgetreten.  © Getty

Nach dem verpassten Aufstieg und einem schwachen Saisonstart zog Ole Werner Ende September die Reißleine und trat als Trainer von Holstein Kiel zurück. Wie es dazu kam und warum es keinen anderen Weg für ihn gab, erklärt er im Gespräch mit Skysport.de.

Die Bedenken kamen frühzeitig - immer mal wieder. Irgendwann und irgendwo zwischen den Planungen für das nächste Quarantäne-Trainingslager und der Vorbereitung auf Gegner, die auf der Zielgeraden der Vorsaison im Drei-Tages-Rhythmus auf Holstein Kiel warteten. Der Underdog auf Aufstiegskurs und im Pokal-Halbfinale. Eine Mannschaft, die sich gemeinsam mit ihrem Trainer gegen alle Widrigkeiten stemmte und so spielte und siegte, dass die Sensation zum Greifen nahe war.

Werner: "Haben den Rahmen der Möglichkeiten ausgereizt"

"Wir haben den Rahmen der Möglichkeiten in den letzten zwei Jahren so ausgereizt, dass ich mir die Frage gestellt habe: Wie kann eine Weiterentwicklung stattfinden, wenn nicht über neue Impulse?", erklärt Ole Werner. Der Aufstieg misslang bekanntlich - auf eine Art und Weise, die im Ablauf kaum bitterer vorstellbar ist. Auf diesen Impuls konnten sie an der Förde folglich schon mal nicht setzen.

Also mussten personelle Veränderungen her, befand Werner und zog nach dem siebten Spieltag der laufenden Saison selbst die Reißleine."Ich hatte nicht mehr das Gefühl der bestmögliche Trainer für den Verein zu sein." Bei skysport.de spricht der 33-Jährige erstmals nach seinem Rücktritt über die Beweggründe für seinen überraschenden Abgang und die Entwicklung, die zu diesem Schritt führte.

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Rücktritt für viele Fans und Funktionäre aus heiterem Himmel

Am Nachmittag des 20. Septembers - zwei Tage nach der 0:3-Heimpleite gegen Hannover - kamen erste Gerüchte auf. Am selben Abend bestätigte der Verein offiziell, dass Werner vom Amt des Cheftrainers zurückgetreten ist. Eine zweijährige Erfolgsgeschichte voller Fußballromantik endete abrupt. Für viele Beobachter überraschend. "Für mich war ausschlaggebend, dass sich bei mir über einen längeren Zeitraum der Eindruck verfestigt hatte, dass der Verein einen neuen Impuls braucht - speziell nach der letzten Saison", erklärt der Coach mit einem Monat Abstand.

Der besten Saison der Vereinsgeschichte war die Krönung versagt geblieben - zwei Matchbälle vergeben an den letzten beiden Spieltagen, den dritten im Relegations-Rückspiel gegen Köln. Schwierig zu verkraften für alle Beteiligten. Dass die Kieler personellen Aderlass in erheblichem Ausmaß verkraften werden müssen, war ohnehin schon lange kein Geheimnis mehr.

Spielidee ohne Top-Stars nicht mehr umsetzbar

Top-Stürmer Serra stand bei Bielefeld im Wort, der überqualifizierte Offensiv-Allrounder Lee wäre selbst bei Aufstieg kaum zu halten gewesen und bei Mittelfeld-Chef Meffert war bekannt, dass er per Klausel zu haben sein würde - der HSV griff zu. Ein Achsenbruch, der kaum zu kitten sein würde. "Die Spielidee, die wir über zwei Jahre hatten, hat dann nicht mehr gepasst", sagt Werner, "die Einschätzungen der Situation und der Kaderstärke waren dabei nicht immer einhellig."

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Er sagt das ohne Bitterkeit und ohne vorwurfsvolle Haltung in Richtung Chef-Einkäufer Uwe Stöver. Der Sportchef hatte aufgrund der lange unklaren Lage wenig Zeit, um stabil genug auf dem Markt auftreten zu können. Potenzielle Zugänge wollen nicht nur wissen, was auf der Gehaltsabrechnung steht, sondern auch für welche Spielklasse sie sich verpflichten - das eine bedingt das andere. Werner: "Man hat sicher nicht alles richtig gemacht in der Hinsicht - aber die Frage ist auch immer, wie kann man sich überhaupt bewegen? Als Holstein Kiel sind die Möglichkeiten eingeschränkt. Fakt ist, dass ich die Idee, die ich vom Fußball habe, so in diesem Jahr nicht mehr umsetzen konnte."

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Werner hängt an Holstein Kiel

Die Fragen, die nach der Saison auf der Hand lagen, blieben lange unbeantwortet. Geht's weiter mit dem Erfolgstrainer? Wird dessen auslaufender Vertrag bald mal verlängert? Oder locken gar größere Aufgaben? "Wir waren über einen längeren Zeitraum im Austausch - der war auch immer sehr offen. Nicht nur in den entscheidenden Tagen, sondern auch direkt nach der letzten Saison", versichert Werner, "ich habe immer deutlich und transparent gesagt, welche Dinge zu regeln sind und welche Herausforderungen ich sehe. Uwe (Stöver) wusste immer, wie ich denke. Ich habe diese Entscheidung getroffen, weil ich die Dinge so wahrgenommen habe. Den Eindruck habe ich bis heute. Die Entscheidung war richtig - die Punkte haben sich nicht als zu kurz gedacht herausgestellt."

Denkbar also, dass ein glatter Schnitt vor Saisonbeginn die Abläufe erleichtert hätte. Die Holstein-Bosse blieben aber beharrlich, betonten in den Gesprächen stets, dass sie Werner für den richtigen Mann am richtigen Platz hielten und sicher seien, dass er den Weg aus der komplizierten Lage würde finden und seiner Mannschaft weisen können.

Der im benachbarten Preetz geborene Herzens-Kieler (insgesamt 15 Jahre im Verein) empfand sein Engagement zudem nicht nur als vertragliche Vereinbarung. Werner: "Ich habe im Sommer weitergemacht, weil ich eine große Loyalität zum Verein und den handelnden Personen verspürt habe. Das hat die Entscheidung sehr schwer gemacht und war immer ein wichtiges Argument."

Trainer-Auszeit mit Chance für neue Perspektiven

Drei 0:3-Pleiten zum Start - freilich gegen das aktuelle Top-Trio der Tabelle - befeuerten Werners Zweifel, die sich auch durch drei Partien ohne Niederlage nicht mehr ausreichend zerstreuen ließen. Es bestätigte sich, was Werner schon in der Vorsaison erkannt zu haben glaubte. "Da haben wir schon jeden Stein umgedreht und so unglaublich intensiv zusammengearbeitet, dass klar wurde, dass die Möglichkeiten ausgereizt waren." Schlussstrich gegen den Wunsch der Bosse, die zähneknirschend akzeptierten. Auch für Werner kein Schritt, den er leichtfertig gegangen ist. Er hält ihn aber nach wie vor für richtig und blickt mittlerweile nach vorne.

Dinge, für die sich im Profi-Alltag keine Zeit fand, genießt er derzeit - sowohl privat als auch sportlich. "Ich sehe viele Fußballspiele, ohne permanent die eigene Mannschaft oder die Vorbereitung auf den nächsten Gegner im Kopf zu haben. Dazu intensiviere ich den einen oder anderen Kontakt, tausche mich viel über Fußball aus mit Leuten, die ich mag und die vielleicht eine andere Perspektive haben - aus einer Co-Trainer-Rolle, aus psychologischer, aus taktischer Sicht oder auch auf reiner Daten-Basis."

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Werner bereit für neue Aufgaben

Fortbildung ohne Druck sozusagen. Das Ganze natürlich mit dem Blick auf die nächste Aufgabe. Die soll im Idealfall nicht allzu lange auf sich warten lassen. Werner wäre startklar: "Ich hätte keine Pause gebraucht, um die Batterie wieder aufzuladen. Die Frage ist, wann sich etwas ergibt, dass in die richtige Richtung führt und für beide Seiten passt. Ich möchte natürlich auf dem höchstmöglichen Niveau arbeiten - wichtig ist aber, dass die handelnden Personen bei meinem künftigen Verein die gleiche Auffassung von Fußball haben und dass ich mit der Art, wie ich arbeite, dort funktionieren und unterstützen kann." Kein Zweifel: Da wird sich was finden.

Werner ist in seinen zwei Jahren als Zweitliga-Trainer kontinuierlich höher gerutscht in den Notizbüchern der Scouts, die ihren Klubs junge Trainer mit herausragender Perspektive vorschlagen wollen. Wo auch immer er landet - Kiel wird immer eine tragende Rolle in Werners Leben spielen. "Ich durfte bei Holstein über viele Jahre unterschiedliche Aufgaben ausüben und bin dem Verein sehr verbunden. Nicht nur als jemand, der dort gearbeitet, sondern eben auch als jemand, der den Klub von Kindesbeinen an verfolgt hat. Es ist vollkommen klar, dass ich allen da nur das Beste und maximalen Erfolg wünsche."

Für den nächsten Schritt in seiner Trainer-Karriere wird Werner Kiel verlassen müssen. Gut möglich, dass er sich dabei auch an eine neue Liga gewöhnen muss - beziehungsweise: darf.

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