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Lothar Matthäus Kolumne über Havertz, Kimmich, Gündogan, Nagelsmann & Deutschland

Das ist ein Schlag ins Gesicht…

''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.
Image: ''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.  © Sky

Sky Experte Lothar Matthäus beleuchtet in seiner Kolumne die aktuellen Themen rund um die Bundesliga und die deutsche Nationalmannschaft. Nach der DFB-Niederlage gegen die Türkei kritisiert Matthäus die Aufstellung mit Kai Havertz als Linksverteidiger und hat Ratschläge für Julian Nagelsmann parat.

Ein Trainer will immer das für ihn Optimale herausholen. Julian Nagelsmann weiß, was er vorhat, ich kann als Experte die Dinge nur von außen bewerten. Anders als sein Vorgänger Hansi Flick hat Nagelsmann in seinen ersten beiden Spielen gegen die USA und Mexiko nicht viel experimentiert. Gegen die Türkei hat er etwas Neues ausprobiert und Kai Havertz als Linksverteidiger eingesetzt.

Havertz bringt viel Qualität mit, aber er wurde nicht auf dieser Position ausgebildet, sondern in der Offensive und dort hauptsächlich zentral. Ich akzeptiere, dass der Bundestrainer etwas ausprobieren wollte, aber ich hoffe, dass es nicht mehr vorkommt - obwohl Havertz gegen die Türkei noch einer der besseren Spieler war. Wenn ich seine Qualitäten im Team haben will, muss ich einen Platz finden, wo er die Extraklasse, die er teilweise noch während der letzten WM verkörpert hat, zeigen kann.

ZUM DURCHKLICKEN: Die DFB-Noten gegen die Türkei

  1. KEVIN TRAPP:
    Image: KEVIN TRAPP: Die Nummer drei durfte in Abwesenheit von Marc-Andre ter Stegen und Manuel Neuer ran. Zunächst wenig geprüft. Bei den ersten beiden Gegentoren chancenlos, am Elfmeter dran, aber glücklos. - NOTE: 3 © Imago
  2. BENJAMIN HENRICHS:
    Image: BENJAMIN HENRICHS: Begann stark. Leitete den Führungstreffer mit einem klugen Pass ein. Baute danach ab, stand beim Ausgleich zu hoch. In der zweiten Hälfte wieder etwas verbessert. - Note: 3 © Imago
  3. JONATHAN TAH:
    Image: JONATHAN TAH: Der formstarke Leverkusener durfte in der Innenverteidigung ran. Machte seine Sache zunächst ordentlich, bekam dann aber wie die gesamte Defensive immer mehr Probleme. - NOTE: 4 © Imago
  4. ANTONIO RÜDIGER:
    Image: ANTONIO RÜDIGER: Leistete sich in der Anfangsphase zwei ungewohnte Wackler. Strahlte wenig Sicherheit aus. In dieser Form kein Abwehrchef. - NOTE: 5 © Imago
  5. KAI HAVERTZ:
    Image: KAI HAVERTZ: Wurde erstmals als Linksverteidiger aufgeboten. Schaltete sich immer wieder ins Offensivspiel ein und traf aus Mittelstürmerposition. Machte seine Sache auf der ungewohnten Position ordentlich, verursachte aber den Handelfer. - NOTE: 3 © Imago
  6. ILKAY GÜNDOGAN:
    Image: ILKAY GÜNDOGAN: Wurde von den türkischen Fans bei jedem Ballkontakt gnadenlos ausgepfiffen. Die ganz großen Aktionen gingen von dem Kapitän nicht aus. - NOTE: 4 © Imago
  7. JOSHUA KIMMICH:
    Image: JOSHUA KIMMICH: Nagelsmann sieht den Münchner als Sechser. Als die Türkei stärker aufkam, tat sich aber auch Kimmich schwer. Seinen Fehler im eigenen Strafraum bügelte Gündogan gerade noch aus. - NOTE: 4 © Imago
  8. FLORIAN WIRTZ:
    Image: FLORIAN WIRTZ: Wirbelte in der Anfangsphase, tauchte nach 25 Minuten aber erst einmal etwas ab. Bereitete dann den Treffer von Füllkrug mit tollem Lauf vor. - NOTE: 3  © Imago
  9. JULIAN BRANDT:
    Image: JULIAN BRANDT: Bekam nach der Verletzung von Jamal Musiala seine Chance. Machte immer wieder Läufe in die Tiefe, im letzten Drittel aber nicht immer glücklich. Vergab die große Möglichkeit zum 3:3 (74.). - NOTE: 4 © Imago
  10. sane
    Image: LEROY SANE: Begann bärenstark. Bereitete das 1:0 vor, vergab die Chance auf das 2:0 (16.). Verlor beim Ausgleich Kadioglu aus den Augen. Nach der Pause mit Licht und Schatten. - NOTE: 3 © Imago
  11. NICLAS FÜLLKRUG:
    Image: NICLAS FÜLLKRUG: War viel unterwegs, ließ sich fallen und half auch in der Defensive aus. Vorne anfangs allerdings wirkungslos. Erzielte dann eiskalt sein zehntes Tor im zwölften Länderspiel. - NOTE: 3 © Imago
  12. LEON GORETZKA:
    Image: LEON GORETZKA: Ersetzte in den letzten 20 Minuten Kimmich, interpretierte die Rolle offensiver. - NOTE: Keine © Imago
  13. SERGE GNABRY:
    Image: SERGE GNABRY: Kam nach dem erneuten Rückstand für Wirtz und rutschte knapp am 3:3 vorbei (86.). - NOTE: Keine © Imago
  14. MARVIN DUCKSCH:
    Image: MARVIN DUCKSCH: Gab in der Schlussphase sein Debüt in der Nationalmannschaft und war wieder mit seinem Kumpel Füllkrug vereint. Hatte aber keine Wirkung mehr. - NOTE: Keine © Imago

Keine Dauerlösung auf links

Es kann keine Dauerlösung sein, wenn ich einen der besten deutschen Offensivspieler der vergangenen Jahre auf einmal Außenverteidiger spielen lasse. Das ist auch ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die zuletzt dort gespielt hatten, auch wenn es auf der linken Abwehrseite zuletzt Probleme gab. Ich war überrascht, dass David Raum nicht in der Startelf stand.

Die Nationalmannschaft kann die Dreierkette, wie sie Nagelsmann beim FC Bayern München mit drei Innenverteidigen praktiziert hat, eigentlich schon spielen. Aber gegen die Türkei standen zwei Innenverteidiger auf dem Platz und dazu auf rechts mit Benjamin Henrichs ein offensiver Verteidiger und links ein Spieler, der bisher mit Dreier- oder Viererkette gar nichts zu tun hatte. Nach Havertz' Tor sah es zunächst so aus, als könnte Nagelsmanns Plan aufgehen, aber ich muss als Trainer langfristig denken, nicht nur von einem Spiel zu anderen.

UEFA EURO 2024

  • Datum: 14. Juni - 14. Juli 2024
  • Ort: Deutschland (zehn Austragungsorte)
  • Eröffnungsspiel: München Fußball Arena (14. Juni)
  • Finale: Olympiastadion Berlin (14. Juli)
  • Teilnehmer: 24 Länder, Deutschland in Gruppe A
  • Spielmodus: Rundenturnier (6 Gruppen à 4 Teams), K.-o.-System
  • Austragungsorte: München, Berlin, Dortmund, Stuttgart, Hamburg, Gelsenkirchen, Düsseldorf, Leipzig, Köln, Frankfurt
  • Ticketverkauf: Ab 3. Oktober 2023

Havertz gehört in die Offensive

Die Weltklasse, die Nagelsmann in Havertz sieht, hat dieser bisher nur in der Offensive gezeigt. Bei Bayern hat Nagelsmann nicht unbedingt auf einen Neuner gesetzt, er könnte Havertz als hängende Spitze einsetzen, Leroy Sane auf der rechten Seite, Jamal Musiala in der Mitte und Florian Wirtz auf der halblinken oder linken Seite. Dann hätte man die gesamte Weltklasse, die Nagelsmann und ich sehen, in einer Mannschaft versammelt.

Ich persönlich würde zwar ungern auf Niclas Füllkrug verzichten, aber es wäre eine von mehreren Möglichkeiten. Von der Bank könnten noch Serge Gnabry oder Thomas Müller kommen. Solche Spieler einwechseln zu können, ist ein großes Gut für einen Trainer. Ich kann verstehen, dass Nagelsmann seine besten Spieler in der Mannschaft haben möchte, aber meine Lösungen sehen anders aus als seine.

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Bundestrainer Julian Nagelsmann nach der Niederlage von Deutschland gegen die Türkei.

Mittelfeld-Duo funktioniert nicht

Ich weiß nicht, warum man im zentralen Mittelfeld immer wieder Joshua Kimmich und Ilkay Gündogan zusammen ausprobiert. Beide verfügen über außergewöhnliche Klasse, aber sie passen nicht zusammen, das hat man schon im vergangenen Jahr bei der WM gesehen. Man muss sie auf dem Platz trennen, damit sie sich nicht gegenseitig im Weg stehen. Ich meine das gar nicht negativ, Kimmich und Gündogan hatten bei Bayern München und Manchester City in den vergangenen Jahren Führungsrollen und waren zum größten Teil die Unterschiedsspieler in ihren Vereinen.

Aber wenn sie zusammenspielen, passt das Innenverhältnis nicht. Sie nehmen sich gegenseitig die Laufwege, sie nehmen sich die Bälle, sie sind sich zu ähnlich. Wenn sie zusammen im Zentrum spielen, hat die Defensive nicht die Kompaktheit, die ein Trainer haben möchte. Was ich nicht sehe, ist eine Doppelsechs mit Kimmich und Gündogan. Ich will aber beide in der Mannschaft behalten, also gibt es für mich nur eine Option: Gündogan bleibt im Zentrum und Kimmich geht nach rechts.

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Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Sky Sport Kolumne aktuelle Themen der Fußballwelt - nur auf skysport.de

Kimmich kann den Lahm geben

Vielleicht ist Nagelsmann Kimmich als rechter Verteidiger zu langsam? Joshua ist kein Sprintertyp wie Sane, aber Philipp Lahm hat es bei der WM 2014 auch geschafft, diese Position zu spielen. Kimmich kann das genauso. Er ist ein cleverer, guter Spieler und war vor vier, fünf Jahren einer der besten Rechtsverteidiger auf der Welt.

Rechts könnte neben Kimmich oder Henrichs auch Jonathan Tah spielen, wie unter Rudi Völler gegen Frankreich. Dann hätte Nagelsmann den Bayern-Spielstil mit drei Defensiven in der Kette und einem Abwehrspieler, der Freiheiten nach vorne hat. Wenn Kimmich rechts spielt, müssten auf der linken Seite Raum oder Robin Gosens dementsprechend defensiver agieren.

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Torwart Kevin Trapp ärgert sich nach der 2:3-Heimpleite Deutschlands gegen die Türkei in Berlin über den entscheidenden Elfmeter zum Endstand. Der Keeper von Eintracht Frankfurt blickt aber auch hoffnungsvoll auf die weiteren Spiele

Groß oder Goretzka Alternativen

Auf der Sechs, wo bei den Bayern früher ein Javi Martinez gespielt hat, sehe ich in der Nationalmannschaft keinen Spieler als Holding Six, was die körperliche Statur angeht. Pascal Groß könnte dort spielen und Gündogan den Rücken freihalten. Gündogan könnte auf der Sechs spielen und Leon Goretzka auf der Acht. Es gibt viele Möglichkeiten, für die sich der Bundestrainer entscheiden kann.

In Amerika hat Nagelsmann Wert auf ein 4-2-3-1 gelegt, die Ergebnisse waren zumindest zufriedenstellend. Gegen die Türkei hat er mehr ein 3-1-4-1 und am Ende mit zwei Spitzen spielen lassen. Man will den Gegner verwirren, aber vielleicht verwirrt man so seine eigenen Spieler noch mehr. Ich würde nicht so viel wechseln. Nagelsmann sollte seine volle Konzentration auf ein System richten und darauf, welche Spieler zueinander passen und wo sie ihre Stärken haben.

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Einige Baustellen für Nagelsmann

Havertz ist kein Schienenspieler und wird es auch nicht sein. Er wird sicher in Zukunft beim FC Arsenal nicht auf der linken Seite spielen. Die Defensive hat schon während der USA-Reise sehr viele Chancen zugelassen. Es wäre gut, wenn man einer Vierkette das Vertrauen ausspricht und diese Kette sich einspielen kann.

Julian Nagelsmann muss einige Baustellen beheben, dafür braucht er das richtige System mit den richtigen Spielern, die es umsetzen. Vielleicht schon am Dienstag in Österreich. Dort wartet eine schwierige Aufgabe, denn die Österreicher haben eine starke Mannschaft, einen guten Trainer und wollen vor ihren Fans in Wien die Deutschen ärgern.

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