Das Topspiel ist für Dortmund ein Endspiel
05.12.2023 | 13:09 Uhr
Lothar Matthäus spricht in seiner Kolumne über den famosen Titelgewinn der U17 und wünscht sich auch bei der A-Nationalmannschaft Tugenden der Youngster. Zudem lobt der Sky Experte den VfB Stuttgart in höchsten Tönen und blickt auf das Topspiel zwischen dem BVB und Leverkusen zurück.
Glückwunsch an unsere U17-Weltmeister! Es freut mich für die Jungs, sie haben sich den Titel verdient. Sie haben sich gegen namhafte Gegner durchgesetzt, dieser Erfolg ist ein Hoffnungsschimmer für den gesamten deutschen Fußball. Vielleicht klingt es altmodisch, aber die U17 hat Tugenden gezeigt, die mich ein bisschen an unseren WM-Gewinn 1990 erinnert haben.
Die Jungs haben gefightet, jeder hat seine Aufgabe erfüllt, es war ein klares System zu erkennen. Ich will sie gar nicht mit der A-Nationalmannschaft vergleichen, aber von der Einstellung her, wie sie aufopferungsvoll füreinander gekämpft haben, wie sie miteinander gespielt haben, all das haben wir bei den Männern in den vergangenen großen Turnieren teilweise vermisst.
Die deutschen Tugenden waren jahrzehntelang anerkannt im Weltfußball. Es braucht keinen abkippenden Sechser oder eine Holding Six, einer soll vor der Abwehr abräumen, wie es Kölns Harchaoui gemacht hat, oder bei uns früher ein Guido Buchwald. Es war immer jemand da, der hinten gegrätscht und es gab immer einen, der vorne die Tore gemacht hat. Deutschland braucht nicht zu spielen wie Spanien oder Argentinien.
Die Argentinier spielen fast Deutscher als unsere eigene Nationalmannschaft. Sie haben die WM in Katar nicht durch spielerische Qualität gewonnen, sondern kämpferisch und mit einem Ausnahmespieler Messi in ihren Reihen.
Ich glaube, wir sollten die Spieler nicht überbelasten. Wir sollten sie einfach die Dinge machen lassen, die sie beherrschen.
Ähnliche Qualitäten wie die U17 bei der WM beweist der VfB Stuttgart in der Bundesliga. Die Mannschaft wirkt eingespielt, sie zeigt Zusammenhalt und Spielfreude. Man merkt ihr die Handschrift von Sebastian Hoeneß an. Er hat als Trainer der zweiten Mannschaft des FC Bayern und zu Beginn seiner Hoffenheimer Zeit schon sehr gute Arbeit geleistet.
In Stuttgart hatte er zudem das Glück, dass er Spieler dazubekommen hat, die zu seinem offensiven Fußball passen. Der VfB steht zurecht auf Platz drei. Natürlich müssen sich die Schwaben noch gegen Leverkusen und in München beweisen, aber auch in diesen Spielen traue ich ihnen etwas zu.
Sie haben vorne mit Guirassy und Undav zwei Torjäger, auf den Flügeln bringen Führich und Silas die Geschwindigkeit mit, die man im modernen Fußball braucht. Sie haben eine gute Absicherung im Mittelfeld auf der Doppelsechs, einen Millot, der mal offensiver, mal defensiver agiert und sie können in der Abwehr verschiedene Systeme spielen.
Hoeneß hat sich sehr viele Optionen kreiert und unter ihm haben einige Spieler den Durchbruch geschafft. Er hat in seiner Zeit beim FC Bayern schon viele junge Spieler trainiert, zum Beispiel auch Angelo Stiller, der in Stuttgart unter ihm wieder aufblüht. Er hat ein gutes Gefühl dafür, die Spieler zu motivieren und auf der richtigen Position ihre Fähigkeiten so einzusetzen, dass die Mannschaft davon profitiert. Hoeneß hat den VfB in der vergangenen Saison vor dem Abstieg gerettet, und wenn er nächstes Jahr das internationale Geschäft erreichen sollte, würde er ein großes Ausrufezeichen setzen.
Führich wurde schon zweimal zur Nationalmannschaft eingeladen, und auch Undav gilt es, im Blickfeld zu haben. Wenn sie weiterhin so performen und Stuttgart sich oben festbeißt, muss man sich Gedanken über sie machen. Beide haben ihre Fähigkeiten, man sollte sie im Blickfeld für den erweiterten EM-Kader haben.
Leverkusen hat gegen Dortmund das Spiel dominiert. Bis auf die Chancenverwertung hat eigentlich alles gepasst. Die Leverkusener haben sich nicht durch den Rückstand gegen einen Champions-League-Achtelfinalisten aus der Ruhe bringen lassen, sie sind zurückgekommen und haben gezeigt, dass sie gefestigt sind.
Dortmund hat bravourös verteidigt, aber man hat an ihrer Aufstellung schon gesehen, dass man nicht groß auf Konter, sondern mehr auf Kompaktheit gesetzt hat. Das Resultat spricht am Ende für die taktische Ausrichtung von Edin Terzic. Ich habe immer schon gesagt, dass die Ergebnisse des BVB in Ordnung sind, aber die Leistungen, die ich von den Dortmundern erwarte, haben sie in der Bundesliga gegen Bayern und in Stuttgart nicht gezeigt und in Leverkusen zumindest nicht in der Offensive und nicht im gesamten Spiel. Andererseits haben sie in schwierigen Spielen wie gegen Gladbach oder bei Bayer gepunktet, und das ist auch eine Qualität.
Das Topspiel am Samstag zwischen Dortmund und Leipzig ist ein Endspiel darum, wer vorerst als Vierter den Kontakt zum Führungstrio aus Leverkusen, München und Stuttgart hält.
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