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Matthäus: Götze und Schürrle dürften nicht mehr dazugehören

Kolumne "So sehe ich das"

Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal spricht er über die anstehende Weltmeisterschaft in Russland. Im Blickpunkt: der deutsche Kader.

In 87 Tagen beginnt die WM in Russland. Und die 80 Millionen Bundestrainer wie man so schön sagt, diskutieren spätestens jetzt darüber, welche 23 Spieler mit zum Turnier müssen. Entscheidend wird das aber wie immer nur der Bundestrainer mit seinem Team. Ich denke, wir können Jogi alle vertrauen. Was er in den letzten 14 Jahren beim DFB geleistet hat, ist großartig und darum mache ich mir auch dieses Mal keine Sorgen. Löw wird den perfekten Kader nominieren.

Es stellen sich wie immer vor einem großen Turnier viele wichtige Fragen. Werner, Gomez, Wagner. Wie viele Stürmer nimmt er mit und vor allem wen?

Deutsches Stürmer-Roulette: Werner greift an - Gomez eiskalt
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Deutschlands Stürmer präsentieren sich in Topform und liefern sich ein spannendes Wettschießen um die WM-Tickets. Bundestrainer Joachim Löw hat die Qual der Wahl.

Werner im Sturm gesetzt

Für mich steht es außer Frage, dass Timo Werner gesetzt ist. An ihm führt kein Weg vorbei. Er hat eine super Entwicklung genommen, ist schnell, dribbel- und abschlussstark. Er scheint auch psychisch sehr belastbar zu sein. Er hat mit nur 22 Jahren einiges durchgemacht, wurde ausgepfiffen wegen seiner Schwalbe und ist trotzdem stärker zurückgekommen. Er verschießt in St. Petersburg einen Elfmeter und trifft drei Tage später zum Sieg gegen die Bayern. Stark.

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Werner zum verschossenen Elfer: Den nächsten mach' ich wieder rein

Ich bin überzeugt davon, dass Joachim Löw nicht alle drei mitnimmt. Das Schöne ist, dass Gomez und Wagner seit Wochen einen gesunden Konkurrenzkampf führen, der sportlich auf höchstem Niveau ausgetragen wird und ab und zu eine kleine verbale Spitze verträgt. Genau so muss es sein. Sie pushen sich gegenseitig, treffen regelmäßig für ihre Klubs und machen es Löw schwer. Für alle Parteien eine optimale Ausgangslage. Ich sehe Gomez, auch wegen seiner Verdienste für Deutschland, leicht im Vorteil.

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Zenit St. Petersburg – RB Leipzig – die Highlights im Video

Ter Stegen klare Nummer zwei im Tor

Ähnlich ist es im Tor. Wir hoffen und gehen davon aus, dass Manuel Neuer fit wird und in unserem Tor steht, um den Titel zu verteidigen. Aber dahinter? Im Grunde ist ter Stegen die klare Nummer zwei. Also streiten sich Trap und, Leno, um den freien Platz.

"Ene, mene, muh…" - Diese Stars fehlen beim Sky WM-Kader 2018
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Sky Sport hilft Joachim Löw bei der Nominierung des Aufgebots zur WM in Russland in Form von "Ene, mene, muh… - der Sky WM-Kader 2018".

Fällt Neuer doch aus, wird das Ganze noch spannender. Trapp hat zwar weniger Einsatzminuten in Paris, seine Chancen unter Löw aber immer bravourös genutzt. Ich sehe ihn hinter ter Stegen aber vor Leno. Für Jogi zählen neben der Leistungen auch weiche, menschliche Faktoren. Wer hält den Teamgeist hoch? Wer ist wichtig in der Kabine? Auf wen kann ich mich während des ganzen Turniers auch charakterlich zu 100 Prozent verlassen?

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Dinge, die beispielsweise dazu geführt haben, dass Löw immer zu Podolski gehalten hat, auch wenn die Torquote von anderen besser war. Max Kruse war in der Vergangenheit weniger diszipliniert und ist daher raus. Götze und Schürrle haben trotz ihrer Nichtnominierung bestimmt noch Chancen, auch weil sie die Helden des Finales von Rio 2014 waren.

Sportlich dürften sie meiner Meinung nach nicht mehr dazugehören, denn auf ihren Positionen im Mittelfeld haben andere Spieler seit der letzten WM viel bessere Leistungen gezeigt. Löw und seine engsten Mitarbeiter werden alles berücksichtigen und genau beobachten und dabei überlegen, wer ihnen in welcher Situation wie weiterhelfen kann.

Matthäus: Der BVB überzeugt einfach nicht
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Wer wird der Odonkor 2018?

Dazu zählen alle Kleinigkeiten, die ihnen auch bei den nächsten zwei Partien gegen Brasilien und Spanien auffallen. Das persönliche Gespräch, der letzte Eindruck, Disziplin, Hingabe, taktische Fähigkeiten, Alter. Vielleicht zaubert Löw auch noch jemanden aus dem Hut, der Qualitäten hat, die kein anderer aufbringt. Ich denke da an die Schnelligkeit von David Odonkor 2006. Und wenn es nur für diesen einen, kleinen aber entscheidenden Moment ist.

Um es etwas überspitzt und bildlich auszudrücken. Braucht er noch einen Nowitzki, der mit seinen 2,13 Meter in den letzten Minuten vorne als Brechstange hilft? Oder sieht er noch einen deutschen Usain Bolt mit Kickschuhen, der in der 118. Minute jedem davonläuft? Vielleicht doch noch den Mike Tyson mit Schienbeinschonern nominieren, der in einem engen Kampf den entscheidenden Schwinger auspacken kann, auch wenn er sonst spielerisch nicht dazugehören dürfte? Bei einer WM kommen so gut wie nie alle zum Einsatz. Aber alle müssen darauf vorbereitet sein, in den zwei Minuten Einsatzzeit die sie vielleicht bekommen, etwas Entscheidendes für ihr Land und für den Titel beizutragen.

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Löw muss keinen Einfluss von außen fürchten

Ich habe allergrößtes Vertrauen in Löws Arbeit. Auch Jogi genießt diese Phase, glaube ich, denn jetzt geht es langsam aber sicher in die entscheidenden Monate und er kann aus dem Vollen schöpfen. Die vielen Meinungen aller Bundestrainer aus unserer Republik nimmt er bestimmt war, ohne befürchten zu müssen, dass jemand Einfluss nehmen will.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das in anderen Ländern ganz anders sein kann. Als bulgarischer Nationaltrainer legte mir der Verbandspräsident und Ex-Torhüter Borislaw Michajlow freundlich nahe, ich möge doch seinen Schwiegersohn für die rechte defensive Seite nominieren. Ich entschied mich dagegen, weil ich von seiner Qualität nicht überzeugt war. Außerdem wünschte er sich, dass ich seinen Sohn und Torhüter Nikolay zum Kapitän ernenne. Ich bevorzuge aber so gut wie immer Feldspieler in der Kapitänsfrage. Hinzu kam, dass der Präsident mit 102 Länderspielen der Rekordnationalspieler war.

Je näher der damalige bulgarische Superstar Stilijan Petrow seinem Rekord kam, desto öfter erinnerte er mich daran, dass Petrow doch langsam zu alt für das Nationalteam sei. Ich nominierte Petrow trotzdem, weil er das Gesicht dieser Mannschaft war. Zwei Spiele später wurde ich entlassen. Petrow hat es übrigens auf 106 Spiele für Bulgarien gebracht. In diesem Sinne kann ich Jogi Löw nur viel Freude bei dieser wunderbaren Aufgabe wünschen.

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