Nach heftiger Kritik: Nagelsmann rechtfertigt seine Pokal-Taktik
06.07.2021 | 17:07 Uhr
Julian Nagelsmann hat noch an der Niederlage im Pokalfinale gegen Borussia Dortmund zu knabbern. Besonders die Kritik an seiner Taktik will der Leipzig-Trainer nicht auf sich sitzen lassen.
"Grundsätzlich kann ich jeden Frust verstehen von Fans oder Medienvertretern, wenn du ein Pokalfinale hast und das nicht gewinnst", sagte Nagelsmann am Samstag. Auch er habe sich in den vergangenen Tagen seit der 1:4-Niederlage gegen den BVB Gedanken gemacht "über Aufstellungen und Entscheidungen, die man getroffen hat".
Was er nicht verstehen könne sei, "wenn irgendwelche Leute sagen, wir hätten eine neue Ordnung gespielt. Wenn man nicht erkennt, dass wir diese Ordnung schon 25 Mal in dieser Saison gespielt haben, dann ist es auch mühsam darüber zu sprechen", stellt der 33-Jährige schnippisch fest.
Er könne seine taktischen Überlegungen "nicht bis ins Detail erklären", sagt der künftige Bayern-Trainer, nur um anschließend dann doch zu einem rund fünfminütigen Monolog auszuholen.
Emil Forsberg nicht in die Startelf zu nehmen, begründet Nagelsmann damit, dass der Schwede "zuletzt nicht von Beginn an sehr starke Spiele gemacht hat, sondern wenn er reingekommen ist". Seit seiner sechswöchigen Verletzungspause Anfang des Jahres sei Forsberg noch nicht bei 100 Prozent. "Seine stärksten Spiele nach der Verletzung waren die aus der Joker-Rolle heraus", erklärt Nagelsmann.
Auch in Hinblick auf die Entscheidung gegen Yussuf Poulsen führt der RB-Coach fehlende Fitness an. Der Stürmer habe "zweieinhalb oder drei Wochen nicht trainiert. Er war einfach noch nicht so weit."
Hinzu kamen taktische Überlegungen. "In der Vergangenheit war es so, dass Yussi [Yussuf Poulsen] gegen Hummels immer ein spezielles Duell war", so Nagelsmann. Man habe daher überlegt, wer dem Dortmunder Abwehrchef wohl am meisten Probleme bereiten könne.
"So kamen wir dann relativ schnell auf Chan [Hee-chan Hwang], weil er es am Samstag [im Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund, Anm. d. Red.] sehr gut gemacht hat. Mit seinem Tempo, mit seinen tiefen Laufwegen und mit seiner Torvorlage hat er Hummels und Akanji einfach extrem beschäftigt."
Dass außerdem Alexander Sörloth nicht auf seiner angestammten Position als Mittelstürmer auflief, sondern auf dem Flügel, war für Nagelsmann nur konsequent, schließlich habe der Neuzugang seine überschaubaren Top-Leistungen in dieser Saison immer auf der Außenbahn gezeigt.
Außerdem wollte der Coach mit Sörloth Dortmunds vermeintliche Schwachstelle in der Defensive ausnutzen. "Wo kassiert Dortmund die meisten Tore, wer hat in der Kette die offensivste Denkweise? Da kommt man schnell auf Raphael Guerreiro. Da haben wir einfach ein 'miss-match' gesehen und haben daher Alex mit seiner Kopfballstärke und seinem Tempo gebracht."
Nagelsmann gesteht allerdings auch ein: "Dass die Performance dann nicht so war, wie man sich das erhofft, ist auch klar. Deswegen haben wir dann zur Halbzeit reagiert."
Abschließend kontert Nagelsmann seinen Kritikern noch in Bezug auf sein Verhältnis zur Mannschaft seit Bekanntgabe des Wechsels zum FC Bayern. "Wenn ich die zweite Halbzeit sehe und welche Charakterleistung die Jungs gebracht haben - da war ich übrigens auch noch dabei - dann glaube ich, ist die Stimmung zwischen Trainer und Mannschaft nicht so schlecht."
So nachvollziehbar Nagelsmanns Ausführungen auch klingen mögen, am Ende bleibt: zum Erfolg führten seine Ideen nicht.