Jetzt muss die Liga liefern!
20.01.2023 | 16:09 Uhr
Sky Reporter Sven Töllner blickt in seiner Kolumne "HAU DAS DING RAUS" auf die aktuellen Ereignisse im Fußball. Zum Auftakt stehen der Bundesliga-Restart und die Installation von Rudi Völler als Bierhoff-Nachfolger im Fokus.
Es kann ganz sicher nicht schaden, dass der kunterbunte "Bundesliga Brillant APS" ab heute wieder die Hauptrolle im deutschen Fußball-Kosmos übernimmt. Das Comeback der schillernden Spaß-Kugel bedeutet nämlich, dass wir zunächst mal ein bisschen was in den Hintergrund rücken können, das sich in den letzten Wochen an unbehaglichem Ballast angesammelt hat.
Katar und die Folgen: Der unter dem Strich ungenügende WM-Auftritt begann mit einer unnatürlichen Handhaltung (Mund zu), die in der Nachbetrachtung offensichtlich eine Verkleinerung der Konzentrationsfläche zur Folge hatte. Er endete nach drei Spielen - verzockt, verdutzt, verzweifelt.
Und in Teilen auch verstörend, was die Frankfurter Gralshüter des antiquierten DFB-Präsidial-Systems hernach unter zielführendem Krisenmanagement verstanden haben. Die beste Idee für frischen Wind im muffigen Gefüge ist jedenfalls der 62-jährige Rudi Völler. Vom Rentner zum Reformer? Nee, schon klar - die Legende aus Offenbach soll kritische Themen nonchalant von der Platte babbeln und penetrante Skeptiker auf andere Gedanken bringen. Gute-Laune-Minister bis zur Heim-EM - kann man machen.
Eine Kandidatin - oder auch ein Kandidat - mit Einfallsreichtum, Erneuerungs-Elan und ohne Amigo-Verpflichtungen im Ältere-Herrschaften-Klüngel wäre womöglich die fortschrittlichere Variante gewesen. Sei's drum - der inzwischen ja gar nicht mehr so neue DFB-Boss Bernd Neuendorf hat es vermutlich auch nicht immer leicht im Personal-Planungs-Ringkampf mit den breitbeinigen Platzhirschen der Branche. Es ist anzunehmen, dass auch der Verbands-Boss eine Prise Erleichterung darüber verspürt, dass Watzke & Co. gedanklich und strategisch ab sofort wieder tiefer in den Bundesliga-Alltag eintauchen werden. Wir freuen uns mit ihm!
Die Frust-WM ist abgehakt - jetzt muss die Bundesliga liefern. Und die Chancen, dass wir uns alle miteinander zügig aus der nationalen Schockstarre befreien können, stehen gar nicht so schlecht. Nach 15 gespielten Partien ist in allen Tabellenregionen Dampf auf dem Kessel - sogar in der Spitze.
Fallen die Bayern bei den Bullen zum Jahresauftakt ins winterliche Sommer-Loch, ist der Tabellenführer nach dem Spieltag zwar kein Neuer. Im Leipziger-Erfolgsfall hätten Nagelsmann und sein Elite-Orchester aber zumindest einen außerordentlich aufdringlichen Kläffer an den Hacken - nur einen Punkt entfernt von den Bayern-Fersen.
Derweil tritt man den Dortmundern gewiss nicht zu nahe mit der Einschätzung, dass da jetzt mal ein bisschen was kommen müsste. Freiburg, Frankfurt und Union Berlin haben der zweiten Kraft im deutschen Fußball vorerst zur unerwünschten Fernglas-Perspektive verholfen. Drei Pleiten in den letzten vier Spielen des Jahres 2022 ergeben in der Tabelle Platz 6. Wäre zweifellos auch für Edin Terzic hilfreich, wenn der BVB zügig die eigenen Bilanzen begradigen würde. 9-3-8 ist die Zahlenreihe, die in diesem Zusammenhang mal so richtig Mut macht. Der Dortmunder Neuner Sebastian Haller hat mit seinem Dreierpack-Comeback in nur acht Minuten im Test gegen Basel nicht nur ein Tor-Spektakel auf die Wiese gezaubert. Nach überstandener Hodenkrebs-Erkrankung hat die offensichtliche Genesung des Franzosen vereinsübergreifend für Freude und Erleichterung gesorgt.
Tief im Westen gibt's bekanntlich weitere Fußball-Sorgenkinder. Nur einen Kamellewurf weiter Richtung Südwesten haben sich im Verlauf der Vorrunde ebenfalls interessante Herausforderungen entwickelt. Am Kölner Geißbockheim geht's ja eh gern folkloristisch zu. Nach der überragenden Vorsaison haben sich der Effzeh und sein hemdsärmerliger Vorarbeiter Steffen Baumgart aber auch für den eigenen Geschmack ein bisschen zu dicht in die Nähe der Abstiegsränge geschunkelt.
Da steht gegen den bärenstarken Aufsteiger aus Bremen gleich zum Re-Start einiges auf dem Spiel. Gefährlich für die Kölner - zumal WM-Lichtblick Niclas Füllkrug bis auf weiteres für Werder auf Torejagd geht. Dass er mit weiteren Treffern Werbung in eigener Sache betreiben könnte, ist aus Sicht des begehrten Angreifers sicher kein Nachteil - das Transferfenster endet ja erst Ende dieses Monats.
Seit die Leverkusener sich mühsam an den Kölnern vorbeigeschleppt haben, ist der Spott aus der Nachbarschaft leiser geworden. Rang zwölf mit diesem Kader ist jedoch nach wie vor eine irritierende Ausbeute. Der große Spieler Xabi Alonso will ein großer Trainer werden - da hat er wohl noch einiges an Arbeit vor sich.
Apropros Trainer: Der einzige neue Coach im elitären 18er-Kreis ist ein alter Hase. Wie sehr Bruno Labbadia seiner Rückkehr in den Bundesliga-Zyklus entgegenfiebert, haben die VfB-Stars schnell zu spüren bekommen. Arbeitszeiten betrachtet der überzeugte Wagenburg-Bilder traditionell als unverbindliche Empfehlungen. Nicht jede Trainingsstartzeit sorgt für Freudensprünge bei seinen Profis. Der Blick auf die erfolgreichen Retter-Missionen des 56-Jährigen in Berlin, Wolfsburg und Hamburg sollte jedoch als Motivationshilfe genügen, wenn es bei der Frühsport-Einheit mal wieder in die Overtime geht. Mit Labbadia als Lokomotive haben die Schwaben die Chance auf den Klassenerhalt erheblich erhöht.
Ob der Verbleib in der Liga auch in Gelsenkirchen noch eine realistische Perspektive ist? Den Schwung aus der Wiederaufstiegs-Saison haben die Schalker jedenfalls ganz und gar nicht mitgenommen. Ein Überraschungserfolg bei den Frankfurter Eurofightern wäre zweifellos ein robuster Booster für das arg zerkratzte Selbstvertrauen im Knappenland - und ein echter Coup im Kampf um den Anschluss an die Konkurrenz im Abstiegskampf.
Schließen wir die Kolumnen-Premiere mit einem Doppel-Wumms für die Ohren. Ohne Klaus und Klaus kommen wir heute natürlich nicht aus, denn: "Es gibt nur ein(en) Rudi Völler".
Bei all dem Fußball-Gedöns sollten wir aber bitte nicht das "beliebte" Stammtisch-Thema "Internationalisierung des Produktes" außer Acht lassen und blicken deshalb musikalisch über den großen Teich und von dort direkt in den Himmel. Ruhe in Frieden, David Crosby - und besten Dank nochmal, zum Beispiel für "Music is love". Football aber auch!
In diesem Sinne: Hau(t) das Ding raus, Leute! Wir sehen uns auf'm Acker.
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