Keine Schonfrist mehr für Gladbach – die Spieler müssen liefern!
27.10.2023 | 11:12 Uhr
Nach dem großen Umbruch im Sommer läuft es bei Borussia Mönchengladbach in dieser Saison noch nicht rund. Das Team von Trainer Gerardo Seoane hat nach acht Spieltagen erst einen Sieg auf dem Konto. Gefordert sind vor allem seine Spieler, denn die müssen jetzt liefern. Ein Kommentar.
Mir war klar, dass Borussia Mönchengladbach vor keiner einfachen Saison in der Bundesliga stand. Marcus Thuram, Ramy Bensebaini, Jonas Hofmann, Lars Stindl - was für Abgänge im Sommer. Tomas Cvancara, Franck Honorat, Robin Hack, Fabio Chiarodia, Maximilian Wöber, Grant-Leon Ranos, Lukas Ulrich, Jordan Siebatcheu - spannende Zugänge, aber fast niemand, der dir direkt so richtig weiterhilft.
Außer Cvancara und Wöber hat noch keiner der neuen Spieler so richtig in der Bundesliga überzeugen können und da sind wir auch schon beim größten aktuellen Problem am Niederrhein: Die Borussia braucht Zeit. Zeit, die du in der Bundesliga nicht hast. Sechs Punkte aus acht Spielen sprechen eine deutliche Sprache und sind viel zu wenig für die eigenen Ansprüche - Qualitätsverlust hin oder her.
Es gab Spiele wie gegen den SV Darmstadt 98 oder den 1. FSV Mainz 05, wo die Fohlen durchaus die Möglichkeit hatten, als Sieger vom Platz zu gehen. Doch immer wieder schleichen sich unerklärliche Leistungsabfälle in Halbzeiten ein, in denen die junge Mannschaft viel Lehrgeld bezahlt. Das ist auf der einen Seite normal, auf der anderen Seite aber auch gefährlich, denn irgendwann gerätst du in eine Abwärtsspirale, aus der du schwierig wieder herauskommst. Ergo: Borussia braucht mehr Punkte.
Dennoch sparen die Verantwortlichen nicht damit, der Mannschaft weiterhin "Zeit" einzuräumen. Klar, niemand am Borussia-Park möchte schon wieder Unruhe und Diskussionen haben. Davon hatte die Borussia in den vergangenen vier Jahren mehr als genug. Aber klar ist, dass die Schonfrist der Mannschaft spätestens am Samstag im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim (ab 14 Uhr LIVE & EXKLUSIV auf Sky) enden muss!
Gladbach hat noch kein Heimspiel gewonnen. Auch wenn die Gegner in der Heimat neben dem 1. FSV Mainz 05 FC Bayern München, Bayer 04 Leverkusen und RB Leipzig hießen, die Ausbeute ist nicht zufriedenstellend. Ein weiteres siegloses Heimspiel würde die Fans - die seit Wochen wie eine Wand hinter der Mannschaft stehen - in Rage versetzen. Das liegt vor allem daran, dass die Spieler im Derby gegen den 1. FC Köln zuletzt so einiges an Grundtugenden vermissen ließen.
Die erste Halbzeit glich einer echten Zumutung für jeden Gladbacher Anhänger. Fast kein Akteur kam ansatzweise an seine Leistungsgrenze heran. Schon vor dem Spiel, als die Mannschaft des 1. FC Köln sich vor den eigenen Fans Arm in Arm einschwören ließ, guckten manche Spieler in Grün erstaunt rüber auf die andere Seite und man gewann den Eindruck, sie könnten beeindruckt sein.
Das bestätigte sich wenige Minuten später mit Anpfiff des Spiels direkt. Einer schwachen ersten Halbzeit folgte ein zweiter Durchgang mit einem eigenen Treffer aus dem Nichts, einer vermeidbaren roten Karte und dem aus Gladbacher Sicht unglücklichen "Doppelelfmeter" von Florian Kainz, der den unbeliebten Nachbarn endgültig auf die Siegerstraße brachte.
Auf der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen Heidenheim am Donnerstag sprach Trainer Gerardo Seoane davon, dass Wille und Einsatz immer stimmen müssen und die taktische Herangehensweise im Spiel nicht das einzig wichtige sei. Ein indirekter Hinweis an seine Mannschaft, die gegen Heidenheim ein völlig anderes Gesicht zeigen muss? Fakt ist: Die Verantwortlichen müssen aufpassen, der Mannschaft nicht weiter zu viel Spielraum für Niederlagen und Rückschläge zu geben.
Denn sonst wird es so laufen wie in den vergangenen vier Jahren, in denen zwei andere Trainer nach einer Saison bereits wieder gehen mussten: Der Trainer wird irgendwann infrage gestellt werden. Ich finde, Borussia Mönchengladbach würde es definitiv guttun, wenn ein Coach mal die Möglichkeit bekommt, über mehrere Jahre ein Team aufzubauen.
Seoane wirkt bereit dazu und weiß, worauf er sich bei seiner Unterschrift eingelassen hat. Aber sind die Verantwortlichen auch bereit, den Weg mit dem Schweizer zu gehen, egal wie steinig er wird? Das wird die aktuelle Spielzeit zeigen, die für Borussia Mönchengladbach noch zu einer echten Reifeprüfung wird.
Mehr zum Autor Marlon Irlbacher
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