Haaland als Leitbild! BVB verbannt im CL-"Endspiel" bekannte Schwächen
25.04.2021 | 18:04 Uhr
Borussia Dortmund siegt im persönlichen Champions-League-Endspiel gegen den VfL Wolfsburg mit 2:0 und hält damit alle Chancen auf die Teilnahme an der Königsklasse am Leben. Dass der BVB weiter hoffen darf, liegt vor allem daran, dass die Schwarz-Gelben zur rechten Zeit ihre Schwächen ablegen können.
Es läuft die 68. Spielminute in der Volkswagen Arena in Wolfsburg. Mahmoud Dahoud spielt am eigenen Strafraum einen vertikalen Ball in den Lauf von BVB-Angreifer Erling Haaland. Der Norweger startet noch in der eigenen Hälfte, ist im Anschluss aber von Gegenspieler Maximilian Arnold nicht mehr zu halten.
Haaland hat bei seinem 60 Meter-Sprint viel Zeit zu überlegen - und findet dabei genau die richtigen Gedanken. Eiskalt schiebt er das Leder am herausstürmenden VfL-Keeper Koen Casteels vorbei und trifft so vorzeitig zum 2:0-Endstand für Borussia Dortmund. Und das auch noch in Unterzahl!
In dieser Szene spiegelt sich nahezu das gesamte Spiel der Dortmunder wieder: alles, was Haaland, Reus & Co. gegen die Wölfe richtig gemacht haben und was in den vergangenen Wochen allerdings häufig vermisst wurde - Mentalität, Durchsetzungsvermögen und eine gute Chancenverwertung.
Kein anderer Profi vereinte diese Attribute gegen Wolfsburg besser als Haaland, der seinem Ruf als Mentalitätsmonster alle Ehre machte. In jeder Aktion gab der Norweger Vollgas, zeigte seinen Mitspieler damit die Art und Weise, die im Endspiel um die Champions League an den Tag gelegt werden muss.
Insgesamt warf er sich in 16 Zweikämpfe und damit in die meisten aller BVB-Spieler. Mit einer Quote von knapp 56 Prozent lag er teamintern nur hinter Raphael Guerreiro (100 Prozent) und Marco Reus (67 Prozent). Der BVB-Kapitän verteilte nach dem Spiel am Sky Mikrofon auch deshalb ein Lob an den Angreifer: "Er macht das super. Er hat heute mal wieder sehr, sehr gut gespielt und war für das Team sehr wertvoll. Genauso stellen wir uns das vor."
Auch BVB-Coach Edin Terzic lobt das Defensivverhalten Haalands, zeigte sich aber auch ob der beiden Treffer begeistert, die letztendlich spielentscheidend waren: "Wir wissen, dass er ein Toptorjäger ist. Er war sehr effektiv für uns und das war der Grund, warum wir das Spiel gewinnen konnten."
Doch der Norweger beschenkt mit diesem Auftritt nicht nur seine Teamkollegen und die Fans mit drei Punkten und den wachsenden Hoffnungen auf die Teilnahme an der Champions League. Er tut dies auch für sich. Nachdem BVB-Sportdirektor Michael Zorc in der vergangenen Woche nochmals erklärt hatte, dass man bei der Borussia auch in der kommenden Saison mit Haaland plane und ein Abgang im Sommer deshalb nicht in Frage komme, scheint der Angreifer sich mit allen Mitteln in die Königsklasse schießen zu wollen.
Wenn es schon nicht mit einem Transfer zu einem Top-Klub klappt, dann soll es zumindest mit dem BVB für die Champions League und damit für die größtmögliche europäische Fußball-Bühne klappen.
Sollte dieses Unterfangen gelingen, darf sich Dortmund besonders bei seinem Goalgetter bedanken - und das nicht nur wegen des Auftritts gegen Wolfsburg. Die Zahlen belegen den fast schon unermesslichen Wert von Haaland: In dieser Bundesliga-Saison kommt er bereits auf 16 Auswärtstore - eine Ausbeute, die bislang noch kein Dortmunder im deutschen Oberhaus auflegen konnte.
Zudem war Haaland an den vergangenen elf Spieltagen an elf Treffern beteiligt und führte den zwischenzeitlich abgeschlagenen BVB wieder in Richtung Königsklasse.
Dass der BVB wieder von der Champions League träumen darf, liegt auch an der wiedergewonnenen Effizienz. Besonders bei der Niederlage gegen Frankfurt und dem Remis gegen den 1. FC Köln ließen die Schwarz-Gelben zahlreiche Torchancen und damit wichtige Punkte liegen.
Gegen die Wölfe hingegen kam Dortmund insgesamt nur zu vier Schüssen, die auf das Tor kamen. Jedoch schlugen gleich zwei ein - eine starke Quote, die im Vergleich zu den vergangenen Wochen deutlich aufgebessert werden konnte.
Doch nicht nur vorne zeigte der BVB eine Leistungssteigerung. Auch das Defensivverhalten der Borussia war deutlich verbessert - und das ohne Abwehrchef Mats Hummels und einer rund 30-minütigen Unterzahl, nachdem Jude Bellingham nach seinem zweiten Foul im Spiel die berechtigte Gelb-Rote Karte gesehen hat.
Diese Umstände führten zu einem stolzen Coach Terzic, der seine Mannschaft für das leidenschaftliche Verteidigen und die große Mentalität am Sky Mikro lobte. "Wir haben ein extrem intensives Spiel angenommen. Das ist jetzt der Abschluss der dritten englischen Woche in Folge. Das da die Kräfte ein bisschen nachlassen, ist auch irgendwo klar, aber wie wir uns dann gewehrt haben, macht uns sehr glücklich. Wie wir es als Mannschaft kompensiert haben, dass wir einer weniger sind, war herausragend."
Auch Kapitän Reus zeigte sich ob der gezeigten Einstellung hoch zufrieden. "Wir waren von der ersten Sekunde an bereit, über unser Limit zu gehen. Wir haben sehr, sehr gut verteidigt, aber auch sehr gut mit dem Ball gespielt und haben trotz der frühen Unterzahl weiter gut verteidigt und versucht, Nadelstiche zu setzen. Es war ein verdienter Sieg."
Durch diesen Sieg macht der BVB zwar tabellarisch keinen Sprung nach oben, verkürzte jedoch den Rückstand auf den VfL Wolfsburg auf zwei Punkte. "Vor einigen Wochen waren wir noch elf Punkte hinter Wolfsburg, jetzt sind es nur noch zwei. Wir machen Druck und geben nicht auf. Wir wollen jedes Spiel gewinnen und dann glaube ich auch, dass es reicht", zeigte sich Manuel Akanji zuversichtlich, dass es doch noch mit der Qualifikation für die Champions League klappt.
Noch deutlichere Worte fand Reus nach der Partie. "Der Rückstand wurde von Spiel zu Spiel immer weniger und ich glaube, dass wir psychologisch im Vorteil sind. Man weiß nie im Fußball. Wir müssen die Situation jetzt einfach auch mal ausnutzen, dass wir gut im Flow sind. Wir müssen in den nächsten drei Spielen die gleiche Leistung zeigen, dann bin ich mir relativ sicher, dass wir es (die Champions-League-Qualifikation, Anm. d. Red.) schaffen werden."
Und der BVB sitzt nicht nur den Wölfen im Nacken. Durch die Frankfurter Niederlage in Leverkusen ist die Borussia nur noch einen Punkt hinter der SGE.
Das Restprogramm für den BVB liest sich jedoch alles andere als leicht: Nach dem Heimspiel gegen RB Leipzig geht es zu den formstarken Mainzern, die bereits anderen Top-Teams weh getan haben - Stichwort: FC Bayern, RB Leipzig. Den Saisonabschluss gibt es dann wieder im Signal Iduna Park gegen Bayer Leverkusen.
Doch sollte der BVB in diesen drei Partien mit der gleichen Mentalität, Effizienz und Power auftreten und erneut auf einen gut aufgelegten Haaland bauen können, sind neun Punkte nicht unwahrscheinlich. Der BVB hätte damit zur rechten Zeit seine Schwächen, die sich durch die gesamte Saison ziehen, abgelegt und alles Mögliche für den Einzug in die Königsklasse getan.
Ob es letztendlich reichen wird, zeigt sich aber wohl erst beim Saisonfinale am 22. Mai ...