Regel-Verwirrungen im DFB-Pokal - Sky erklärt die Aufreger
02.03.2021 | 12:19 Uhr
Die vergangene DFB-Pokalrunde hatte nicht nur was die Ergebnisse anging "eigene Gesetze", sondern für den einen oder anderen Trainer auch regeltechnisch. Sky klärt auf.
Die Tatorte heißen Regensburg und Dortmund. An beiden Orten ereigneten sich am Dienstag beziehungsweise Mittwoch Szenen während des DFB-Pokal-Achtelfinales, die einige Gemüter erhitzten. Sky erklärt, warum die Schiedsrichter in den am meisten diskutierten Szenen so entschieden.
"Die Entscheidung nach unserem vermeintlichen dritten Tor haben wir alle nicht verstanden. Niemand auf der Ersatzbank", sagte Markus Gisdol, der Trainer des 1. FC Köln nach dem bitteren Aus im Achtelfinale des DFB-Pokals beim Zweitligisten Jahn Regensburg. "Ich kannte die Regel bislang noch nicht so, wie sie jetzt nach Abpfiff erklärt wurde. Ich glaube, die meisten Zuschauer kannten die Regel auch nicht."
Von welcher Szene spricht Gisdol? Kölns Benno Schmitz köpfte den Ball in der 39. Minute zum vermeintlichen 3:1 ins Tor. Nach Rücksprache mit dem Videoassistenten gab Schiedsrichter Robert Hartmann den Treffer aber nicht. Flankengeber Ondrej Duda stand zuvor im Abseits, was zunächst nicht klar ersichtlich war. Um diese Szene herrschte deshalb Verwirrung, weil Duda den Ball vom gegnerischen Scott Kennedy erhielt. Laut dem Twitteraccount der DFB-Schiedsrichter entstand jedoch keine neue Situation.
Der Regensburger spiele zwar den Ball, "aber bei dieser Aktion handelt es sich um eine sogenannte Torabwehrreaktion", heißt es in dem Tweet. "Von einer Torabwehrreaktion oder einem 'save' spricht man, wenn ein aufs Tor geschossener Ball aufgehalten oder abgewehrt wird. Die Aktion des Abwehrspielers wird gleich bewertet wie die Abwehraktion eines Torwartes." Das Abseits würde laut der DFB-Schiedsrichter erst aufgehoben, wenn es sich bei der Berührung des Balles durch einen Spieler der verteidigenden Mannschaft "um ein absichtliches Spielen des Balles handelt, das nicht einer Abwehraktion entspringt. Die Abseitsstellung ist jedoch dann strafbar, wenn ein Spieler den Ball aus einer Torabwehraktion eines Abwehrspielers erhält."
Kurz: Durch die Berührung von Scott Kennedy entstand keine neue Spielsituation.
Der langjährige Bundesliga-Schiedsrichter Peter Gagelmann bestätigt diese Einschätzung und sagte gegenüber Sky Sport News: "Die Auslegung des Schiedsrichters in Köln war, dass es ein Torschuss war und eine Abwehraktion und deshalb keine neue Spielsituation." Er ergänzte aber: "Ich kann das schon verstehen, wenn ein Schiedsrichter sagt: 'Naja, aber der schießt den ja richtig. Das ist ein bewusstes Spielen. Dass der [Ball, Anm. d. Red] dem über den Schlappen rutscht, da kann er nichts für, das kann mal passieren. Es war schon ein bewusstes Schießen."
Die Szene ist also Laut Gagelmann in gewisser Weise auch Auslegungssache: "Ich glaube, dass wir bei bei 20 Schiedsrichtern bestimmt auch eine Quote hätten, die fifty-fifty ist. Die Szene ist nicht ganz so einfach."
"Langsam wird es lächerlich. Das ärgert mich, das hat keiner verdient. So machen wir uns zum Affen. Respekt bedeutet auch, sich den Scheiß anzugucken und eine Entscheidung zu treffen", wetterte Paderborns Trainer Steffen Baumgart nach der 3:2-Niederlage in der Verlängerung gegen Dortmund. Der DFB reagierte bereits auf Baumgartens Schiri-Schelte.
Was machte Baumgart so sauer? Dortmunds Thomas Delaney schickte den knapp im Abseits stehenden Erling Haaland in der 95. Minute mit einem Steilpass in Richtung des Paderborner Tors, der Norweger blieb cool und erzielte das 3:2. Dennoch gab Schiedsrichter Tobias Stieler den Treffer. Warum?
Laut Stieler habe der Paderborner Svante Ingelsson den Ball, bevor er bei Haaland angekommen ist, berührt, was die Abseitsposition aufgehoben haben soll. Die DFB-Schiris auf Twitter dazu: "Die Wahrnehmung des Schiedsrichter-Teams auf dem Platz war, dass Paderborns Spieler Ingelsson durch ein bewusstes Berühren des Balles die vermeintliche Abseitsposition des BVB-Spielers Erling Haaland aufgehoben hat. Diese konnte durch die TV-Bilder, die dem VAR vorliegen, nicht zweifelsfrei widerlegt werden. Aus diesem Grund blieb die Feld-Entscheidung bestehen."
Kurz: Stieler nahm auf dem Feld eine Berührung des Balls durch den Paderborner war. Dies war durch die TV-Bilder nicht zu widerlegen, weshalb Stieler sich die Bilder nach Rücksprache mit dem Assistenten gar nicht erst anschaute und bei seiner Entscheidung blieb, dass ein bewusstes Spielen des Balles vorlag.
Ex-Schiedsrichter Gagelmann bewertete Stielers Entscheidung gegenüber Sky, wie folgt: "Wenn man die Bilder sieht und auch den Vorteil eines leeren Stadions nutzt und eben auch den Ton hört, kann man sehr gut hören, dass er er den Ball auch berührt hat. Deshalb die Auslegung von Tobias Stieler - nicht zu Unrecht - zu sagen: Ein bewusstes Spielen. Der Spieler geht bewusst zum Ball, trifft ihn nicht richtig und deshalb ist es eine neue Spielsituation."
Die beiden vorgestellten Szenen ähneln sich. Laut Gagelmann geht es darum, "ist es eine Abwehraktion oder ein bewusstes Spielen?" In diesem Fall wurde auf Letzteres entschieden.