Younes über Fußball und Gesellschaft: "Wir sollten viel mehr machen"
26.02.2021 | 13:28 Uhr
Im zweiten Teil des Exklusiv-Interviews mit Sky Sport spricht Amin Younes über seine mögliche Rückkehr in die Nationalmannschaft, seine bemerkenswerte Jubel-Geste für die Opfer von Hanau nach seinem Tor gegen den FC Bayern und die Rolle von Eintracht Frankfurt im Meisterkampf der Bundesliga.
Sky Sport: Der Bundestrainer hat Sie am Wochenende live im Stadion gesehen. Was würde es Ihnen bedeuten, wenn der Anruf käme, Sie noch einmal für die Nationalmannschaft spielen könnten und eine Chance hätten, bei der Europameisterschaft dabei zu sein?
Younes: Sehr viel natürlich. Ich habe es schon gesagt, als ich (in Frankfurt) vorgestellt wurde, dass es für mich nach wie vor etwas Großartiges wäre. Dass es immer ein Traum ist, für Deutschland zu spielen. Aber wirklich, und ich meine das wirklich ernst, ich weiß auch, wo ich herkomme. Die letzten anderthalb Jahre in Neapel waren nicht einfach. Ich bin unglaublich glücklich und dankbar, hier zu sein. Es macht mir so unglaublich viel Spaß. Ich freue mich jetzt einfach, am Freitag wieder auf dem Platz zu stehen mit diesen Jungs. Deswegen mache ich mir wirklich nicht so viele Gedanken darum. Aber gut, ich will ja nicht lügen. Ich würde mich sehr, sehr freuen.
Sky Sport: Fußball ist aber nicht alles, das haben wir am Wochenende gesehen. Der Verein hat mit dem Gedenken an die Opfer von Hanau sehr schön reagiert. Beim Torjubel gab es auch eine tolle Geste von Ihnen persönlich, die aus tiefstem Herzen kam. Sie haben dazu schon viel gesagt, deswegen die Frage: Glauben Sie an die integrative Kraft des Fußballs? Glauben Sie, dass wir mit Fußball auch sehr viel Gutes bewirken können?
Younes: Definitiv. Sie müssen ja nur mal in die Kabine schauen, wie viele Jungs aus unterschiedlichsten Nationen, Kulturen und Religionen zusammen ein Ziel verfolgen. Das ist schon Zeichen genug, dass wir eigentlich vorbildlich in dieser Sache sind. Deswegen glaube ich, mit der Aufmerksamkeit, die der Fußball bekommt, wenn wir damit vorangehen, dass wir eine gewisse Aussagekraft haben. Für mich war es eine Aktion aus tiefstem Herzen. Ich war damals (während der Morde in Hanau) in Italien, als es passiert ist.
Hier in Frankfurt hat man die ganze Woche darüber geredet und es Revue passieren lassen. Ich fand es toll, dass wir schon beim Aufwärmen diese Shirts getragen haben. Ich sage mal so: Der Verein und die Jungs, wie sie ticken, das hat einfach gepasst. Ich bin kein Nahestehender der Opfer, aber ich finde schon, dass die Stadt Frankfurt für Vielfältigkeit steht, für Integration, für Zusammenhalt. Und die Eintracht lebt das. Deswegen hatte ich das Gefühl, das machen zu wollen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass das richtig ist.
Sky Sport: Wenn Sie auf den deutschen Sport, besonders den Fußball blicken, müsste da noch mehr kommen? In den USA äußern sich Spitzensportler ja gerne auch mal zu politischen Angelegenheiten. Wie sehen Sie das?
Younes: Ich sehe das schon so, denke aber auch, dass man die richtige Mischung finden muss. Letztendlich sind wir Sportler und keine Politiker. Wir haben eine gewisse Aufmerksamkeit in der Gesellschaft, aber man darf es auch nicht übertreiben. Dennoch bin ich voll bei Ihnen und denke, dass wir mehr machen sollten, was die Gesellschaft angeht. Dass wir da mehr nach links und rechts schauen sollten. In allen Bereichen könnten wir noch einen Ticken mehr machen. Das soll keine Kritik sein oder sonst irgendwas. Es ist auch nicht einfach. Irgendwo leben wir in einer Blase. Wir können auch super froh sein, dass wir unseren Job ausüben dürfen. So kann man das auch momentan sehen. Dennoch glaube ich, dass wir da Nachholbedarf haben, dass wir da noch viel viel mehr machen können.
Sky Sport: Wenn wir noch einmal zur Bundesliga kommen und etwas fantasieren: Wenn alles optimal läuft, könnten es für die Eintracht nach dem Wochenende nur noch vier Punkte zur Tabellenspitze sein. Aber über Meisterschaftsambitionen zu reden, wäre übertrieben oder?
Younes: Übertrieben und sehr, sehr gewagt. Aber ich habe damals auch gesagt, nach oben gibt es keine Grenzen. Ich will, dass wir so weitermachen und jeder andere will das auch. Ich finde auch gut, dass wir bescheiden bleiben und mit der Situation sehr gut umgehen. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass jetzt irgendjemand einen komischen Druck verspürt. Denn klar ist auch: Je mehr Spiele du gewinnst, desto mehr Leute gibt es auch, die dich vom Thron schubsen wollen, die dich dann schlagen wollen. Die, die Eintracht nicht nur noch gewinnen sehen wollen. Ich will vor allem weiterhin auf diese Art und Weise gewinnen. Das wäre einfach schön. Wir machen das bisher gut. Dann schauen wir mal, wo wir am Ende stehen.
Das Interview führte Alexander Bonengel
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews!