Lars Stindl im Sky Interview über Gladbach, Bayern & Thomas Müller

Lars Stindl absolvierte für Karlsruhe, Hannover und Gladbach insgesamt 376 Bundesligaspiele.

Sind sich häufig auf dem Rasen begegnet: Thomas Müller (r.) und Lars Stindl.
Image: Sind sich häufig auf dem Rasen begegnet: Thomas Müller (r.) und Lars Stindl.  © Imago

Insbesondere mit den Gladbachern avancierte Stindl in den vergangenen Jahren zu einem Angstgegner für den FC Bayern. Vor dem Duell am Samstag schätzt der 36-Jährige, der im Sommer seine aktive Karriere beendet hat, die Chancen seines Ex-Klubs ein.

Außerdem erinnert sich der elfmalige Nationalspieler im Interview mit skysport.de an das legendäre 5:0 gegen den Rekordmeister. Bei Thomas Müller hofft Stindl, dass er noch ein paar Jahre dran hängt.

skysport.de: Herr Stindl, wie erging es Ihnen in der ersten Zeit nach Ihrem Karriereende?

Lars Stindl: Zu Beginn der ganz normale Alltag. Kids zur Schule oder zum Kindergarten bringen, dazu Freunde und Verwandte öfters treffen, was in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen ist. Einfach unabhängig von terminlichen Pflichten zu sein. Vor allem mal am Wochenende mit den Kumpels oder der Familie etwas zu unternehmen und nicht ins Fußballstadion zu gehen. Wir waren auch reisen, haben Urlaub gemacht und die Zeit genossen. Vom Fußball habe ich aber dennoch natürlich nie ganz abgeschaltet. Nach vier, fünf Monaten kam auch wieder das Kribbeln und der Drang etwas zu machen.

skysport.de: Und dann kam die Anfrage des DFB...

Stindl: Genau. Dort bin ich jetzt Co-Trainer von Hannes Wolf bei der U20. Das ist eine coole Aufgabe. Anfangs war das für mich alles neu, ich musste mich erst einmal rantasten. Ich habe mich aber super in diesem Team eingefunden. Das macht mega Spaß. Es ist ein Traum, solch einen Job zu haben. Ich habe dort gewisse Freiheiten, mich einzubringen und das mache ich auch. Ich versuche meine Erfahrungen und meine Ideen ins Trainerteam und an die Jungs weiterzubringen. Wenn wir unterwegs sind, ist die Zeit sehr intensiv. Daran habe ich mich auch erst einmal gewöhnen müssen. Es ist etwas ganz anderes, sehr viel Zeit auch im Büro zu sitzen und das Training vor und nachzubereiten, als einfach nur Fußballzuspielen. Da bin ich auch mental an meine Grenzen gekommen.

skysport.de: Können wir uns in den nächsten Jahren auf den Bundesliga-Trainer Lars Stindl freuen?

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Stindl: Während meiner aktiven Karriere habe ich schon angefangen mit den Trainerscheinen. Aber als dann die Anfrage des DFB kam, musste ich zwei-, dreimal nachdenken, ob das überhaupt das Richtige für mich ist. Ich kann es mir gut vorstellen, mal in der Bundesliga an der Seite zu stehen, bin aber überhaupt nicht festgefahren in dem Gedanken, dass es genau das ist. Grundsätzlich bin ich offen für alles im Fußball.

Stindl: "Das war schon unglaublich"

skysport.de: Gibt es eigentlich eine Sache, die Sie extrem vermissen?

Stindl: Aktuell bin ich voll d'accord mit allem. Ich habe während meiner Karriere auch jeden Moment genossen, auch gegen Ende in Gladbach oder beim KSC. Natürlich ist es cool, mit den Jungs vor der Kurve zu feiern, aber die Momente habe ich glücklicherweise alle gehabt. Da bin ich auch richtig happy. Am liebsten saß man in der Kabine und hat mit den Kollegen vor uns nach dem Training gescherzt. Das sind schon Momente, die für andere Leute nicht greifbar sind und die eine Fußballkabine so besonders machen. Natürlich denkt man da das ein oder andere Mal daran zurück, aber ich genieße es auch in der Heimat Zeit mit der Familie und Freunden zu genießen.

skysport.de: Sprechen wir über das kommende Wochenende und das tipico Topspiel Borussia Mönchengladbach gegen den FC Bayern (Samstag ab 17.30 Uhr live & exklusiv bei Sky). Welche Bedeutung hat dieses Duell für die Borussia?

Stindl: Für alle Gladbacher ist das ein ganz spezielles Spiel. Zudem kommt die Rivalität aus den 70er Jahren. In Gladbach ist die noch spürbar. Der Verein lebt die Erfolge aus der Vergangenheit. Hinzu kommen die Ergebnisse in den letzten Jahren gegen die Bayern. Über Jahre war die Borussia der Angstgegner. Bayern hat sich gegen uns aus wirklich unerklärlichen Gründen immer schwer getan. Wir waren oft sehr effektiv und haben super Spiele gemacht.

skysport.de: Spontan fällt einem immer das 5:0 Ende Oktober 2021 im DFB-Pokal ein...

Stindl: Das war schon unglaublich. Bayern war in dieser Phase eigentlich gut drauf. Wir haben da aber auch ein sensationelles Spiel gemacht. Auf dem Platz konnte man das gar nicht glauben. Gegen die Bayern glaubt man erst nach dem vierten und fünften Tor, dass das Spiel auf deine Seite laufen wird. So etwas kommt einmal in 20 Jahren vor.

skysport.de: Wie haben Sie die Bayern nach dieser Demütigung erlebt?

Stindl: Sie waren total respektvoll. Das zeichnet diesen Verein auch aus. Sie können Erfolg und Misserfolg gut einschätzen. Da gibt es ganz andere Top-Mannschaften auf der Welt, die mit solchen Rückschlägen ganz schlecht umgehen. Natürlich gibt es hier und da mal ein paar Störfeuer, aber das ist schon ein sehr seriöser Verein.

skysport.de: Wie sieht es für das Spiel am Samstag aus? Gladbach ist gut drauf - wäre eine Überraschung vielleicht keine Überraschung?

Stindl: Bayern ist grundsätzlich immer Favorit. In jedem Spiel. Aber die Gladbacher haben sich gefunden und besitzen eine gewisse Stabilität. Und zu Hause im Borussia-Park ist immer viel möglich, denn dieses Stadion kann schon eine gewisse Wucht entwickeln. Da ist es für jeden Gegner schwer und daher denke ich, dass am Samstag schon die Möglichkeit besteht.

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"Er zieht andere mit und macht sie besser"

skysport.de: Ein Grund für den Gladbacher Aufschwung ist Tim Kleindienst, so dass man am Samstag auch von einem Duell Kleindienst gegen Kane sprechen kann. Hätten Sie ihm eine derartige Entwicklung zugetraut und könnte er Kane sogar in den Schatten stellen?

Stindl: Die beiden kann man nicht vergleichen. Harry Kane ist ein absoluter Weltklassestürmer und auf der Position weltweit einer der Besten. Er zeigt das Spiel für Spiel, Jahr für Jahr. Aber man muss auch hoch anrechnen, was Tim Kleindienst der Borussia gibt. Nicht nur die Tore, sondern auch die Art und Weise, wie er die Mannschaft belebt mit seiner Haltung. Das ist ganz wichtig für den Klub, denn das hat ein wenig gefehlt. Er hat mich letztes Jahr schon in Heidenheim mit seiner Effektivität beeindruckt. Er hat einen unglaublich guten Abschluss und ist zudem sehr mannschaftsdienlich. Er zieht andere mit und macht sie besser und das tut der Borussia gut.

skysport.de: Was ist generell für Gladbach drin in dieser Saison? Kann es nach Europa gehen?

Stindl: Die Bundesliga ist schon sehr nah beieinander. Gladbach hat es geschafft, sich aus den schwierigen Regionen, in denen man sich in den letzten Jahren befand, etwas zu entfernen. Daher kann man mit einer stabilen Rückrunde schon an die europäischen Plätze ran schnuppern und vielleicht etwas Besonderes schaffen. Aber das können viele Vereine. Der Verein in Mönchengladbach ist realistisch und geerdet nach den nicht ganz einfachen Jahren zuletzt. Es wird darum gehen, den Weg der Stabilität weiterzugehen. Dann wird man sehen, was am Ende rauskommt.

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"Das darf man nicht unterschätzen"

skysport.de: Kommen wir zu den Bayern, genauer gesagt DEM Bayern: Thomas Müller. Bei ihm ist nicht klar, ob er noch eine Saison dranhängt oder nicht. Sie sind in einem ähnlichen Alter - wie war das bei Ihnen? Spürt man, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist und wie denken Sie, dass er sich entscheidet?

Stindl: Das ist sicher bei jedem total individuell. Erstmal muss man ihm großen Respekt zollen, dass er es immer wieder schafft, seine Leistung zu bringen und dass er den Bayern immer noch den Stempel aufdrücken kann. Nicht nur mental und von seiner Art her, sondern auch qualitativ und spielerisch und somit weiterhin einen Mehrwert hat für den FC Bayern. Er war in den letzten 15 Jahren die Benchmark für meine Position und ist sie immer noch. Das war und ist schon herausragend. Ich hoffe nur, dass er noch ein wenig weiterspielt, denn es macht mir einfach Spaß, ihm zuzuschauen. Irgendwann wird aber auch er den Zeitpunkt finden, seine Karriere zu beenden. Aber noch nicht jetzt, denn er ist noch viel zu gut und da gehen noch ein oder zwei Saisons.

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Thomas Müller gewinnt mit dem FC Bayern das einzige Testspiel vor dem Restart in der Bundesliga. Nach dem Spiel in Salzburg spricht der Routinier auch über seine Zukunft.

skysport.de: Wer wird Deutscher Meister?

Stindl: Der Meisterkampf ist ja spannender als viele gedacht haben. Leverkusen ist wieder total stabil nach der Schwächephase im November. Sie machen einen sehr guten Eindruck, die Bayern sowieso, denn sie haben auch in den Spielen, die sie nicht gewonnen haben, gut gespielt und eine gewisse Stabilität in ihrer Leistung und daher könnte ich mir schon vorstellen, dass der FC Bayern dieses Jahr wieder Deutscher Meister wird.

skysport.de: Was trauen Sie dem BVB in der Rückrunde zu?

Stindl: Sie hatten keine einfache Phase mit den zwei Gesichtern zu Hause und auswärts. Die Mannschaft musste sich erst finden und man hatte auch Verletzungspech. Das darf man nicht unterschätzen. Sollte die Mannschaft fit bleiben und auch auswärts wieder besser punkten, kann Dortmund eine richtig gute Rückrunde spielen und unter die Top-4 kommen. Das sollte auch der Anspruch sein.

Das Interview führte Fabian Schreiner.

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