Ligue 1 News: Burak Yilmaz mit Lille vor Sensationsmeisterschaft
Ungeahnter Coup: Ein 35-Jähriger lässt Neymar & Co. alt aussehen
15.05.2021 | 12:26 Uhr
Im Herbst seiner Karriere hat sich Burak Yilmaz noch einmal für eine neue Herausforderung entschieden und damit alles richtig gemacht: Mit Lille ist der "Kral" auf dem besten Weg, die PSG-Dominanz zu durchbrechen und den LOSC mit seinen Toren zur ersten Meisterschaft seit 2011 zu schießen.
Es läuft die 40. Minute, als Burak Yilmaz den Ball mit seinem schwächeren Fuß aus über 30 Metern in den Winkel hämmert und den OSC Lille mit seinem zweiten Treffer des Tages endgültig auf die Meisterstraße bringt. Zuvor blieb der Angreifer vom Punkt eiskalt und versenkte einen Elfmeter zur wichtigen Führung gegen den Tabellen-Sechsten aus Lens.
Am Ende setzten sich die Dogues (übersetzt: die Doggen) mit 3:0 durch und bauten die Tabellenführung gegenüber den französischen Serienmeister Paris Saint-Germain auf drei Punkte aus. Da PSG gegen Stade Rennes gepatzt und wichtige Zähler liegengelassen hat, reichen Lille vier Punkte zur ersten Meisterschaft seit 2011.
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Dritte Meisterschaft für Yilmaz?
Einen großen Anteil daran hat Burak Yilmaz. Der 35-jährige Routinier spielt mit die beste Saison seines Lebens und könnte sich bald mit seinem dritten Meistertitel der Karriere krönen. Mit 15 Treffern bei 26 Einsätzen reiht er sich in der Torjägerliste der Ligue 1 auf dem fünften Platz ein, hat mit 0,58 Toren pro Spiel unter anderem eine bessere Trefferquote als Neymar (0,5).
Dazu weiß er auch, seine Mitspieler in entscheidenden Situationen einzusetzen - fünf Treffer legte er seinen Kollegen direkt auf. Mit 20 Torbeteiligungen ist Yilmaz der Top-Scorer und das Gesicht des Erfolgs. Eine Leistungsexplosion, die dem 66-fachen türkischen Nationalspieler wohl nur noch die kühnsten Optimisten zugetraut haben.
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Sein Wechsel nach Nordfrankreich war sein erster Transfer in eine europäische Top-5-Liga, zuvor stürmte der Angreifer für sieben (!) türkische Vereine. Außerdem spielte er anderthalb Jahre beim chinesischen Erstligisten Beijing Guoan - musste diese Zeit allerdings aufgrund eines Sorgerechtsstreits abbrechen.
Tore, Tore, Tore - aber keine Anerkennung?
Tore erzielte der bullige Angreifer überall: 187 Treffern in 323 Süper-Lig-Spielen sprechen eine eindeutige Sprache - damit ist Yilmaz in der Türkei der viertbeste Torschütze der Historie. Mit Stationen bei Fenerbahce, Trabzonspor, Besiktas und Galatasaray avancierte er zudem nach Sergen Yalcin zum erst zweiten Spieler, der für die gesamte "Big-4" des türkischen Fußballs gespielt hat. In Trabzon wurde er zum ersten Mal Torschützenkönig, Galatasaray schoss er 2013 und 2015 sogar zweimal zur Meisterschaft. Die Torausbeute stimmte in jeder Station.
Dennoch fehlte ihm in der Zeit vor allem eins: die Wertschätzung. Zwar erarbeite er sich mit seiner herausragenden Trefferquote den Respekt der Fans, geliebt wurde der Angreifer allerdings nie. Das könnte daran liegen, dass er in der Türkei mit den fanatischen Anhängern und den Medien immer wieder auf Konfrontationskurs gegangen ist und sich dadurch regelmäßig ins Abseits geschossen hat. Trotz konstanter Leistungen sollte ihm das ausgeprägte Ego immer wieder im Weg stehen.
Aus der Versenkung auf die große Bühne
So zog es den türkischen Angreifer 2016 für rund acht Millionen Euro nach China. Eigentlich deutete alles darauf hin, dass Yilmaz seine Karriere in Ruhe ausklingen und in Peking ordentlich abkassieren wollte. Eigentlich. Nur anderthalb Jahre später zog es ihn zurück nach Trabzon, wo seine Laufbahn erneut Fahrt aufnehmen sollte. In 25 Partien erzielte der "Kral" (türkische Bezeichnung für Torschützenkönige, Anm. d. Red.) 23 Treffer und bereitete vier weitere vor. Nach einer weiteren Zwischenstation bei Besiktas heuerte er in der Ligue 1 an - und trat dort ein schweres Erbe an.
Im August des vergangenen Jahres wurde Yilmaz' Vertrag beim türkischen Spitzenklub aufgelöst, so dass er ablösefrei zum LOSC wechseln konnte. Lille-Geschäftsführer Marc Ingla stellt das vermeintliche Auslaufsmodell als "echte Legende" vor, die im kommenden Jahr den Unterschied machen sollte. Bei den Dogues musste der 35-Jährige in die Fußstapfen des Nigerianers Victor Osimhen treten, der für rund 70 Millionen Euro zum SSC Neapel transferiert worden war. Der 21-jährige Angreifer war einer der Shootingstars in einer talentierten Mannschaft, hinterließ mit 18 Torbeteiligungen in 27 Spielen eine große Lücke.
Doch Lille, das allein mit den Verkäufen von Nicolas Pepe (FC Arsenal) und dem eben genannten Victor Osimhen binnen eines Jahres über 150 Millionen Euro Transfererlöse erzielt hatte, setzten das volle Vertrauen in den kostengünstigen Routinier. "Burak Yilmaz hat das Profil einer echten Nummer neun", wurde Ingla nach dem Transfer auf der Klub-Homepage zitiert: "Er ist auf dem Feld sehr präsent und vor dem Tor besonders geschickt."
Yilmaz zieht alle mit
Als Krieger und charakterstarker Leader sollte er in der Ligue 1 für Furore sorgen und die talentierte Mannschaft anführen. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten und einer langen Verletzungspause erfüllt er diese Aufgabe wie kein anderer. Neben zahlreichen Treffern ist es vor allem seine Erfahrung, von der Talente um ihn herum wie Ex-Bayern-Akteur Renato Sanches profitieren.
Yilmaz treibt die Youngster trotz Sprachbarrieren in seiner Vorbildfunktion an und impft den Dogues auf dem Weg zum Titel den absoluten Siegeswillen ein. "Die Fußballsprache ist universell, ich habe mich hier gut eingewöhnt.", sagte Yilmaz im Interview mit der L'Equipe und ergänzte: "Ich erlebe hier ein großartiges Jahr"
Kommt die Statue nach dem Titel?
Der Angreifer fühlt sich in Lille pudelwohl und erfährt die Wertschätzung, die er zuvor vermisst hat. Die Stadt Lille ist ebenfalls von seiner Leistung angetan und kündigt ein besonderes Geschenk für den Angreifer an: "Wenn es so weitergeht, werden wir eine Statue von Burak anfertigen", hieß es nach der Yilmaz-Gala gegen Lens auf Twitter.
Der Angreifer hat bewiesen, dass er auch noch im Herbst seiner Karriere in einer europäischen Top-5-Liga performen kann. Sollte er Lille auch noch zum ersten Titel seit 2011 führen, würde er sich neben den damaligen Meisterhelden um Eden Hazard, Moussa Sow und Gervinho in der vereinsinternen Hall of Fame einreihen und zur absoluten Legende avancieren.
Die angesprochene Burak-Yilmaz-Statue dürfte dann nur noch eine Frage der Zeit sein.