Aguero 2.0: So kann Haaland im System Guardiola funktionieren
11.05.2022 | 15:35 Uhr
Der Wechsel von BVB-Superstar Erling Haaland zu Manchester City ist nach Sky Informationen nur noch Formsache. Doch passt die eingebaute Torgarantie überhaupt in das System der Cityzens?
"Es passiert", sagte Sky Reporter und Transfer Experte Marc Behrenbeck am Montag bei Transfer Update - die Show. "Haaland hat den BVB nach Sky Informationen informiert, dass er weg und zu City wechseln möchte." Teammanager Pep Guardiola bekommt folglich seinen lang ersehnten Top-Stürmer.
Auch die Cityzens haben Borussia Dortmund bereits informiert, dass sie die im Vertrag verankerte Ausstiegsklausel aktivieren möchten: Für den Mega-Transfer müssen die Skyblues tief in die Tasche und mindestens 75 Millionen Euro nach Dortmund überweisen. Zudem entlohnt das Team von Cheftrainer Pep Guardiola den Norweger mit einem fürstlichen Brutto-Salär von ca. 30 Millionen Euro pro Jahr. Letzte Details sind nach Sky Informationen noch in Klärung, die offizielle Verkündung wird dennoch in dieser Woche erwartet.
Guardiola bekommt folglich seinen lautstark geforderten Mittelstürmer. Doch passt Haalands Spielstil überhaupt zur City-DNA?
Der 21-jährige Norweger glänzt vor allem als physisch starker Stoßstürmer, der den Weg in den gegnerischen Sechzehner mit unglaublicher Geschwindigkeit und zahlreichen tiefen Läufen sucht. "Er lässt sich eigentlich nie auf die Flügel fallen", betonte Behrenbeck. Untypisch für einen Stürmer von Manchester City.
Die Offensivachse um Phil Foden, Bernardo Silva und Kevin De Bruyne ist berüchtigt für ihre variable Spielweise. Dabei setzen sie den Gegner mit ihrem Offensivpressing, unzähligen Positionswechseln und dem Guardiola typischen Kurzpass-Spiel unter Druck. Nicht gerade Haalands Stärke: "Sein Passspiel ist okay, ist aber nicht sehr risikoreich", sagte Behrenbeck und weiter: "City ist halt eine Pep-Mannschaft, also immer sehr viel Tiki Taka." Die Hauptausrichtung liege dabei auf sehr vielen Schnittstellenpässen aus einer defensiven Kompaktheit heraus.
Spieler müssen zudem das Komplettpaket mitbringen. Während Erling Haaland vor allem mit seiner wuchtigen und körperbetonten Spielweise überzeugt, besteht die City-Offensive aus Finishern, die auch Tore vorbereiten können. Selbst Gabriel Jesus, der einzig nominelle Stürmer im Kader des siebenmaligen englischen Meisters, weicht regelmäßig auf die Flügel aus und fungiert im Guardiola-System als zusätzliche Anspielstation. Spieler wie Jack Grealish oder Raheem Sterling, die vor allem über das Laufspiel kommen, haben dagegen einen schweren Stand.
Und warum sollte Guardiola überhaupt sein Erfolgssystem umstellen und auf Haaland zuschneiden?
Die Skyblues funktionieren trotz zahlreicher Weltstars als eingespieltes Kollektiv. Jeder kennt jeden Laufweg, jeder weiß, wie er gegen den Ball arbeiten muss. Ein System, das sich über Jahre bewährt hat - vor allem in der Premier League: Drei der vergangenen vier Meisterschaften gingen nach Manchester, auch in diesem Jahr ist City wieder auf Titelkurs.
In der Champions League hat es dagegen aber mal wieder nicht für den Titel gereicht. Nach der bitteren Final-Niederlage im Vorjahr gegen den FC Chelsea schied die Guardiola-Elf in diesem Jahr dramatisch gegen Real Madrid aus. Dabei ließ City vor allem hinten raus den unbedingten Siegeswillen und die letzte Durchschlagskraft vermissen. Mit Haaland verpflichtet Guardiola nun ein echtes Mentalitätsmonster, das City zum ersehnten Triumph führen soll.
Doch wie sortiert sich der Norweger in das City-Gefüge ein? Behrenbeck hält eine Mittellösung für denkbar: "Haaland könnte ein bisschen adaptiert und zum Aguero 2.0 gemacht werden." Auch wenn der Norweger auf dem ersten Blick nicht perfekt in die Spielphilosophie passt, könnte das System noch einmal weiterentwickelt werden, indem man seine Stärken ausspielt.
"Dann wäre die Lösung, Haalands Qualitäten als klassischen Finisher zu nutzen und ihn immer wieder in die Box mit hineinzubringen", erklärte Behrenbeck und erinnerte an die Ära unter Sergio Aguero. Mit 260 Toren ist der Argentinier Rekordtorschütze der Cityzens, erzielte alle 107 Minuten einen Treffer. Haaland netzte wettbewerbsübergreifend 85 Mal in 88 Pflichtspielen für Borussia Dortmund, avancierte so zum weltweiten Objekt der Begierde. Er könnte eine ähnliche Treffer-Quote wie Aguero garantieren.
Doch es gibt auch Zweifler: Nur 37 Prozent der Sky User halten den Schritt zum Premier-League-Primus für richtig (Stand Montag, 22:08). Zudem sollte die Historie ein warnendes Beispiel für Haaland sein: Guardiola hat vor allem in Barcelona gezeigt, dass er nicht immer mit Weltklasse-Angreifern umgehen kann. Eigenwillige Charaktere wie Zlatan Ibrahimovic und Samuel Eto'o sind unter dem damaligen Barca-Coach krachend gescheitert und wurden aussortiert. Der Trainer setzte in der Folge auf technisch versierte Angreifer und installierte Lionel Messi auf der falschen Neun.
"Auch Haaland ist kein klassischer Pep-Stürmer", meinte Sky Reporter Sven Westerschulze bei Transfer Update - die Show. "Ich erinnere mich aber auch an die Zeit von Pep Guardiola in München: Robert Lewandowski war jetzt auch nicht der klassische Pep-Stürmer und hat in den drei Jahren noch einmal einen absoluten Sprung nach vorne gemacht.
Einen Schritt, den auch Haaland machen könnte, betonte Westerschulze: "Qualität setzt sich am Ende immer durch und die hat Erling Haaland auf jeden Fall. Daher glaube ich, dass er auch bei Manchester City funktionieren wird."
Aguero hat es vorgemacht. Nun gilt es auch für den hochtalentierten Norweger, in diese Sphären zu stoßen.