Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal beschäftigt er sich mit der Personalie Jupp Heynckes, den die Bayern auch über den Sommer hinaus als Trainer halten wollen - wie Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bei "Wontorra - der KIA Fußball-Talk" sagte.
Karl-Heinz Rummenigge hat bei seinem Auftritt bei Jörg Wontorra am Sonntag alles richtig gemacht. Vor allem, als es um eine mögliche Zukunft von Jupp Heynckes bei Bayern über den Sommer hinaus ging, wählte er wohlüberlegte und passende Worte.
Er sprach im Konjunktiv, ohne auch nur den geringsten Druck auf Jupp auszuüben. Ohne in irgendeiner Form zu fordernd zu sein.
Jupp werden diese Worte schmeicheln
Rummenigges Wortwahl war meines Erachtens auch besser, als die von Uli Hoeneß, der bereits zuvor um einen Verbleib seines Freundes warb, allerdings viel offensiver und zu erwartungsvoll.
Rummenigge sagte: "Es gibt diese Charmeoffensive von Uli Hoeneß, und wenn ich ehrlich bin, unterstütze ich die total. Wir wären ja schlecht beraten, diesen Mann, der nicht nur ein guter Trainer ist, sondern auch ein wunderbarer Mensch, wenn wir den so ohne Weiteres kampflos aufgeben würden. Und das werden wir auch nicht tun. Es ist nicht auszuschließen, dass Jupp Heynckes am 1. Juli noch auf der Trainerbank sitzt. Wir haben entschieden, dass wir einen deutschen Trainer wollen. Jupp Heynckes wäre der ideale deutsche Trainer. Bei Jupp Heynckes muss man auch ein Stück diese Geduld haben. Man muss den Jupp, ohne ihn zu drängen, mit der notwendigen Eleganz begleiten."
Jupp werden diese Worte schmeicheln. Er wird ganz genau registrieren, wie hoch die Wertschätzung für ihn weit über den FC Bayern hinaus ist.
Alle lieben Jupp
Karl-Heinz und Uli lieben ihn. Die Bayern-Stars lieben ihn. Die Fans lieben ihn - wohlgemerkt selbst die gegnerischen. So eine Zuneigung, wie sie Jupp Heynckes aktuell erfährt, hat noch nie ein Bayern-Trainer zu spüren bekommen.
Und aus all diesen Gründen wiederhole ich, was ich schon mehrfach geäußert habe: Ich bin überzeugt, dass es eine sehr realistische Chance gibt, dass Jupp noch ein weiteres Jahr bleibt.
Und selbst, wenn er wider Erwarten nicht auf die Avancen eingeht und ablehnt, sehe ich kein Problem auf die Bayern zukommen. Wie viele Skeptiker habe ich jetzt schon wieder gehört, die behaupten, jeder der statt Heynckes ausgewählt würde, wäre nur eine Notlösung nach all den Lobpreisungen der Bosse und hätte damit Schwierigkeiten.
Matthäus' teure Erfahrung mit Heynckes
Das ist theoretischer Bullshit. Kein anderer Trainer wäre deshalb beleidigt. Jeder Trainer könnte damit umgehen, nach Heynckes gebeten zu werden. Selbst das wäre nämlich noch ein Ritterschlag.
Ich weiß noch, wie Jupp Heynckes einst sauer war, als ich als junger Bursche ihm als Trainer nachts entwischte. Er tadelte mein unerlaubtes Entfernen aus Mönchengladbach zu meiner Familie nach Herzogenaurach, an einem Wochenende, an dem wir die Stadt nicht verlassen durften, mit einer saftigen Geldstrafe. 500 Mark netto musste ich damals bezahlen. Dabei verdiente ich gerade einmal 2500 Mark brutto.
Während er die Strafe aussprach, spürte ich, dass es ihm irgendwie selber wehtat, mir so viel Geld wegzunehmen. Deshalb konnte ich es auch besser akzeptieren. Jupp Heynckes hat in anderen Fällen auch so oft seine schützende Hand über mich gelegt, mich vor der Öffentlichkeit behütet und mich auch abseits des Platzes geformt.
Er hat einfach ein Händchen für Spieler. Und deshalb muss Bayern einfach alles dransetzen, ihn zu halten.