Neymar nach Saudi Arabien - der Anfang vom Ende seiner Karriere?
Der teuerste Trostpreis der Welt
17.08.2023 | 18:07 Uhr
Neymar bricht seine Zelte in Paris ab und zieht weiter nach Saudi-Arabien. Es ist sinnbildlich für seine Karriere in Europa, dass er sich mit Al-Hilal ausgerchnet dem Klub anschließt, wo er nur dritte Wahl war. Auch bei Barca und PSG war er schließlich nie die Nummer eins. Dennoch greift der Klub tief in die Tasche und macht ihn damit zum teuersten Trostpreis der Welt.
Kaum ein Spieler kam mit mehr Hype aus Brasilien nach Europa wie Neymar. Der Tempodribbler wurde als neuer Pele gefeiert - und das nicht nur, weil er beim einstigen Klub der brasilianischen Lichtgestalt, dem FC Santos, schon als Teenager für Furore sorgte. Der Youngster mit der auffälligen Frisur verkörperte das Joga bonito - also das schöne Spiel - so wie kaum ein anderer Fußballer vom Zuckerhut.
Neymar begeistert an der Seite von Messi und Suarez
Die Experten waren sich sicher: Aufgrund seiner flinken Bewegungen, unglaublichen Technik und ungeheuren Antrittsgeschwindigkeit war Neymar eine große Karriere sicher.
Der FC Barcelona machte schließlich für beachtliche 88 Millionen Euro im Jahr 2013 das Rennen und Neymar enttäuschte zunächst nicht. An der Seite von Luis Suarez und Lionel Messi bildete der Offensiv-Allrounder eines der gefährlichsten Angriffstrios der Fußballgeschichte.
Insgesamt kam MSN in der gemeinsamen Zeit von 2014 bis 2017 auf 450 Spiele (Messi 158, Suarez 147 und Neymar 145) und verbuchte dabei unglaubliche 364 Treffer (Messi 153, Suarez 121, Neymar 90) und 173 Assists (Messi 66, Suarez 59, Neymar 48, Anm. d. Red.) - oft untereinander. Gemeinsam gewann das Trio mit Barcelona das Triple 2015 und zahlreiche weitere Trophäen.
Doch Neymar wollte aus dem Schatten von Suarez und vor allem Messi treten und wechselte 2017 für die Rekordsumme von 222 Millionen Euro zu Paris St. Germain.
Rekordwechsel zu PSG
Das Ziel war klar: Einerseits sollte der Brasilianer den Franzosen endlich den langersehnten Champions-League-Triumph bringen und nebenbei auch gerne den ein oder anderen Ballon d'Or für sich selbst abstauben. Während seiner Barca-Zeit reichte es in den Jahren 2015 und 2017 schließlich nur maximal zu Platz drei.
Das Ende ist bekannt: Paris holte auch in den sechs Jahren mit Neymar den Henkelpott nicht - auch weil der mittlerweile 31-Jährige in den wichtigsten Spielen oft verletzt fehlte oder untertauchte. Didi Hamann wurde 2020 nach einer Partie der Franzosen im Achtelfinale der CL beim BVB deutlich:
"Wir sprechen immer von den zwei Großen Messi und Ronaldo und dahinter Neymar. Er hat in Barcelona eine gute Phase gehabt, aber seit er in Paris ist, ist er nicht mehr der Spieler und auch nicht der Spieler, der PSG alleine ins Viertel, Halb- oder ins Finale schießen kann, wie es die anderen beiden gemacht haben", bemängelt der Sky Experte und ergänzte: "Für mich ist er meilenweit von den anderen beiden entfernt und das, was er heute angeboten hat, war viel zu wenig."
Zeit in Paris eine Enttäuschung
Im Nachhinein kann Neymars Zeit in Paris also sicherlich als Enttäuschung bezeichnet werden, auch wenn er viele Tore erzielte und auflegte. Aber er sorgte ständig für Unruhe an der Seine, weil er zurück nach Barcelona wollte und war zudem während seiner gesamten Zeit bei PSG niemals der unumstrittene Superstar.
Der Feingeist fand sich nämlich auch in Frankreich im Schatten eines Mitspielers wieder: Kylian Mbappe. Der junge Weltmeister wurde nicht nur fünf Mal in Folge Torschützenkönig, sondern war - trotz aller Finten Neymars - einfach der spektakulärere und bessere Fußballer.
Nun also der Wechsel nach Al-Hilal. In seiner brasilianischen Heimat wird Neymar dafür scharf kritisiert und auch die FAZ fragt beispielsweise: "Was will Neymar in Saudi-Arabien?" Die Frage müsste eher lauten: "Wer außer Saudi-Arabien will Neymar noch?"
Abgesehen von Ex-Klub Barcelona hatte kein europäischer Topklub Interesse und die Katalanen konnten sich ihn nicht leisten, denn schließlich war neben dem astronomischen Gehalt von 200 Millionen Euro für zwei Jahre auch noch eine Ablöse von rund 90 Millionen für Neymar fällig.
Nur dritte Wahl bei Al-Hilal
Das ist viel Geld für einen Spieler, der zwar immer noch einen großen Namen hat und auch fußballerisch alles mitbringt, aber sein Potenzial über weite Strecken nicht komplett ausschöpfen konnte. Immerhin ist Neymar durch den Transfer in die Wüste wieder der Spieler, für den am meisten Ablöse bezahlt wurde.
Al-Hilal ist das wahrscheinlich aber sogar egal. Der saudische Rekordchampion suchte einfach händeringend nach einem neuen Superstar, nachdem ausgerechnet Messi und Mbappe keine Lust auf den Klub aus Riad hatten und die noch absurderen Offerten ablehnten. Es scheint, als kann Neymar dem Schatten seiner beiden Ex-Kollegen auch in der Wüste nicht entkommen. Auch bei Al-Hilal war er schließlich nur dritte Wahl und ist sozusagen einfach nur der teuerste Trostpreis der Welt.
Neymar macht dennoch gute Miene zum bösen Spiel und schwärmt von seinem neuen Klub und der Saudi-Liga. "Ich bin hier, um der Liga zu helfen, mehr und mehr zu wachsen. Sie verändert sich schon sehr stark, es gibt viele Verpflichtungen", sagte Brasiliens Rekordtorschütze in einem von seinem neuen Verein veröffentlichten Video: "Die Liga wird sicher umkämpft, besonders nach den Wechseln zuletzt. Ich hoffe, dass unser Klub eine starke Saison haben wird."
Der Anfang vom Ende?
Dieser Wunsch dürfte ihm bei den Ausgaben in diesem Winter wohl erfüllt werden. Der Hype um den Brasilianer im Wüstenstaat ist jedenfalls riesengroß. Vielleicht noch größer als beim Wechsel von Cristiano Ronaldo im vergangenen Winter zu Erzrivale Al-Nassr. Neymar kennt das Gefühl sicherlich noch von seinem Wechsel nach Europa, doch während es vor rund zehn Jahren der Anfang einer großen Karriere sein sollte, ist es dieses Mal wohl der Anfang vom Ende. Schade eigentlich, denn das Joga bonito verkörpert er auch heute noch mehr als die meisten...