Borussia Dortmund und der 1. FC Köln haben eine grundsätzliche Einigung über einen Modeste-Transfer erzielt. Nur noch einige Details müssen geklärt werden. Sky Sport betrachtet den anstehenden Transfer aus drei Blickwinkeln.
Blickwinkel Spieler: Modeste bekommt seinen Willen & einmalige Chance
"Ich habe den Effzeh mit meinen Toren in die Europa-Conference-League geschossen. Wenn man 20 Tore macht, wäre es schlecht, wenn mein Berater nicht aktiv auf dem Markt wäre." Mit diesen Worten ließ Anthony Modeste vor wenigen Wochen im Trainingslager in Donaueschingen aufhorchen.
Der französische Angreifer kokettierte öffentlich mit einem Abgang vom 1. FC Köln und machte auch keinen Hehl um seine Beweggründe. Der 34-Jährige müsse im Herbst seiner Karriere auf sich und seine Familie schauen - aus sportlicher und finanzieller Sicht. Heißt: Ein gut dotierter Vertrag bei einem Klub, der im besten Fall um Titel oder im großen europäischen Geschäft spielt, wäre die Optimal-Lösung. Bei Borussia Dortmund bekommt er nun sogar beides!
Mit 34 Jahren kann Modeste nach Karrierestationen in Nizza, Bordeaux, Bastia, Hoffenheim und Köln nun erstmals bei einem europäischen Top-Klub mitwirken. Mit dem BVB erhält der Franzose die für ihn einmalige Chance auf Einsätze in der Champions League. In Köln hätte er sich mit der Conference League zufrieden geben müssen. Auch wenn es in der Königsklasse wohl nicht für den ganz großen Wurf reicht, stehen die Titel-Chancen im nationalen Geschäft (Bundesliga und DFB-Pokal) - trotz der starken Bayern - deutlich besser. Bislang hat Modeste "nur" die Zweitliga-Meisterschaft in seiner Vita stehen. Mit dem BVB könnte womöglich im kommenden Frühling ein weiterer Titel folgen.
Neben den sportlichen Faktoren darf sich Modeste auch im finanziellen Bereich als Gewinner sehen. Beim 1. FC Köln war er mit 3,5 Millionen Euro pro Jahr einer der Topverdiener. Zu diesen wird er nach Sky Informationen bei der Borussia zwar nicht zählen, doch ein Jahresgehalt von sechs Millionen Euro bedeutet dennoch einen finanziell lukrativen Aufstieg.
Blickwinkel BVB: Die Chance ist größer als das Risiko
Tief saß der Schock bei Borussia Dortmund, als Sturm-Neuzugang Sebastien Haller aufgrund eines Hodentumor-Fundes erst vorzeitig aus dem Trainingslager abreisen musste und wenige Tage später die bittere Nachricht erhielt, dass es sich dabei um einen bösartigen Tumor handelt. Monatelange wird Haller dem BVB fehlen. Auch wenn das menschliche Schicksal natürlich an oberster Stelle steht, musste Dortmund sportlich handeln, um den langen Ausfall des eigentlichen Haaland-Nachfolgers zu kompensieren. Und genau das hat Sportdirektor Sebastian Kehl nun getan.
Mit Modeste bekommt der BVB einen Strafraumstürmer, der mit seiner Wucht, Präsenz und Kopfballstärke die zahlreichen Flanken und Hereingaben von Karim Adeyemi, Marco Reus, Donyell Malen und Co. verwerten kann. Sein Profil ähnelt dem von Haller sehr, sodass der BVB in dieser Hinsicht ein gutes Händchen auf dem Transfermarkt gezeigt hat. Dass die Beziehung BVB/Modeste gut funktionieren könnte, leitet sich aus Modestes Historie ab. Der Franzose kennt die Bundesliga besser als jeden anderen Wettbewerb. Er bringt es in seiner Karriere bislang auf 189 Spiele im deutschen Oberhaus. Dabei hat er sich häufig sehr treffsicher gezeigt: In vier Spielzeiten gelangen ihm zwölf oder mehr Tore. In zwei davon knackte er sogar die 20-er Marke.
Auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im BVB-Angriff scheinen die Macher bei der Borussia die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Denn Modeste erhält nach Sky Informationen einen Einjahresvertrag. Durch diese kurze Vertragslaufzeit wird auf der einen Seite Sturm-Juwel Youssoufa Moukoko langfristig nicht die Perspektive genommen und auf der anderen Seite Haller das Gefühl vermittelt, dass man beim BVB weiter voll auf ihn setzt.
Es ist jedoch gut möglich, dass bei dem einen oder anderen Fan dennoch Zweifel ob des Transfers vorhanden sein könnten. Immerhin zahlt der BVB im Paket elf Millionen Euro (fünf Mio. Ablöse + sechs Mio. Gehalt) für einen 34-jährigen Angreifer, der deutlich weniger internationale Erfahrung als Haller aufweist und auch objektiv betrachtet nicht das gleiche Niveau wie der Ivorer hat. Doch der Markt an leistungsstarken und gleichzeitig bezahlbaren Neunern war doch sehr klein.
Auch aus diesem Grund ist die Modeste-Verpflichtung für den BVB mehr sportliche Chance als finanzielles Risiko.
Blickwinkel Köln: Gewinner oder Verlierer? Urteil muss warten
Ob der 1. FC Köln bei diesem Deal eher ein Gewinner oder doch ein Verlierer ist, muss sich erst noch zeigen. Klar ist: In den letzten Wochen mussten Geschäftsführer Sport Christian Keller und Trainer Steffen Baumgart fast täglich Wasserstandsmeldungen zu Modeste abgeben. Der eigentliche Fokus auf das Sportliche und den Saisonstart wurde dadurch immer wieder vorübergehend gestört. Nun hat das Theater durch den Deal mit Borussia Dortmund endlich ein Ende.
Dieser hat wie immer zwei Seiten: Zum einen spart sich der Effzeh das üppige Gehalt des Franzosen und kassiert zudem eine stattliche Ablöse für einen Routinier - wichtig für einen Klub, der unter der Coronakrise besonders gelitten hatte.
Auf der anderen - der sportlichen - Seite verliert der Effzeh jedoch seinen Torgaranten und Zielspieler. Dieser muss nun ersetzt werden. Nach Sky Informationen hat Köln bereits Interesse an Zweitliga-Stürmer Branimir Hrgota (Greuther Fürth) bekundet. Kann der Schwede, der für bis zu zwei Millionen Euro Ablöse kommen soll, ähnliche Zahlen wie Modeste zuletzt auflegen, darf sich der Effzeh als ein Gewinner des Deals bezeichnen ...
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