Dieser Spieler ist einer der wichtigsten Bausteine der Bayern-Mannschaft
03.11.2022 | 21:01 Uhr
Sky Experte Didi Hamann bewertet in seiner Kolumne die Leistungen der deutschen Klubs in der Gruppenphase der Champions League und nennt seinen Spieler der Vorrunde. Zudem spricht er über Bayerns Benjamin Pavard, der zuletzt in die Schlagzeilen geraten ist.
Der FC Bayern ist in der Champions League seit 34 Spielen ungeschlagen, hat 13-mal in Folge gewonnen und ist vor Napoli und Benfica die Mannschaft, die mich am meisten beeindruckt hat. Sie haben als einziges Team die Gruppenphase (und das zum dritten Mal in den vergangenen vier Spielzeiten) mit sechs Siegen abgeschlossen. Dafür können sie sich zwar nichts kaufen, aber es geht auch um Psychologie, um Respekt und Ehrfurcht vor dem Gegner. Und den haben die Gegner wieder vor den Bayern.
Beim 2:0 gegen Inter hat Benjamin Pavard eine überzeugende Leistung gezeigt und ein Tor erzielt, nachdem er in der Bundesliga gegen Mainz zunächst auf der Bank gesessen hatte und zuletzt mit seiner Situation unzufrieden war. Grundsätzlich finde ich es gut, wenn ein Spieler nicht happy ist, wenn er nicht spielt. Aber Julians Nagelsmann muss als Trainer einen Balanceakt bewältigen und auch die anderen im Team zufriedenstellen.
Pavard ist auf der rechten Seite eigentlich gesetzt, aber auch Mazraoui hat in den vergangenen Spielen seine Sache sehr gut gemacht. Ich würde da nicht zu viel hineininterpretieren, glaube aber, dass Pavard ein sehr wichtiger Spieler für die Bayern ist. Ohne ihm zu nahe zu treten, ist er ein "Wasserträger", von denen du in der Mannschaft auch welche brauchst. Es kann nicht jeder nur vorne glänzen.
Pavard ist uneigennützig, stellt sich nicht in den Vordergrund. Er ist zuverlässig und wichtig für die Balance und defensive Stabilität, und noch dazu immer für ein Tor gut. Obwohl er nicht im Zentrum spielt, ist er für mich einer der wichtigsten Bausteine dieser Bayern-Mannschaft.
In der Innenverteidigung besteht momentan kein Bedarf, weil De Ligt und Upamecano starke Leistungen zeigen. Es geht nicht darum, was ein Spieler will, sondern was das Beste für die Mannschaft ist, und rechts hinten hilft Pavard dem Team am meisten.
Der Aufreger beim 2:0 gegen Inter Mailand war das Handspiel von Mane und die anschließende Entscheidung nach VAR-Eingriff, keinen Elfmeter zu geben. Die Regel (dass sich ein Spieler bei einem Schuss aus kurzer Distanz schützen kann, wenn er dabei seine Körperfläche nicht vergrößert) war mir neu, aber sie öffnet Interpretationen Tür und Tor. Wenn ich in der Lage bin, bei einem Schuss aus sieben oder acht Metern die Hände hochzureißen, bin ich wahrscheinlich auch in der Lage, den Kopf wegzunehmen. Es war ein Reflex von Mane, aber es steht für mich außer Frage, dass es ein strafbares Handspiel war. Wie man so einen Elfmeter nicht geben kann, ist mir ein Rätsel.
Ich finde, die Handregel ist veraltet und man müsste sie anpassen, denn in neun von zehn Fällen hat die Mannschaft, die das Handspiel begeht, nicht mal einen Vorteil dadurch. In Lissabon wird der Sporting-Abwehrspieler von hinten geschubst, er berührt den Ball mit der Hand und es gibt Elfmeter. In München kommt Mane ohne Elfmeter davon. Es kennt sich keiner mehr aus, nicht einmal die Schiedsrichter selbst.
In Lissabon hat Sebastian Rode nach seiner Einwechslung die Frankfurter zum Sieg geführt. Er ist ein sehr erfahrener und unheimlich cleverer Spieler, der seiner Mannschaft defensive Stabilität gibt. Nach vorne hin hat die Eintracht die, vier Spieler, die Schaden anrichten können.
Rode ist ein toller Spieler, aber bei der WM sehe ich ihn nicht. Er hatte immer wieder mit schweren Verletzungen zu kämpfen und ich denke, er wird versuchen, sich während der WM weiter zu erholen, um im Achtelfinale über zwei Spiele in der Form sein zu können, die er in Lissabon nach seiner Einwechslung gezeigt hat.
Die Nationalmannschaft hat Spieler, die hinten auf jeder Position spielen können. Dadurch hätte Flick in der Offensive die Möglichkeit, einen oder zwei Spieler mehr mitzunehmen. Florian Wirtz würde ich auf jeden Fall mitnehmen, selbst wenn er vielleicht erst im Achtel- oder Viertelfinale richtig im Saft ist.
Es wäre schwer zu verkaufen, Götze hier zu lassen, und Reus, der seit einigen Wochen nicht gespielt und die letzte EM abgesagt hat, zu nominieren. Götze ist voll im Saft und in einer ähnlichen Verfassung wie vor der WM 2014. Er hat wieder Spaß am Fußball und lacht wieder. Und er ist einer, der innerhalb von 20 Minuten ein Spiel drehen kann. Ihn nicht mitzunehmen, würde ich nicht verstehen.
Was die Frankfurter in den vergangenen 18 Monaten geleistet haben, ist Wahnsinn. Für mich ist die Eintracht ohne Frage die Mannschaft des Jahres. Sie haben die Europa League gewonnen und sich in einer sehr starken Gruppe für das Achtelfinale der Königsklasse qualifiziert. Nach den Ereignissen des Dortmund-Spiels mit dem nicht gegebenem Elfmeter und nach dem Rückstand in Lissabon so zurückzukommen, ist sagenhaft.
Sie hatten mit Fredi Bobic und Niko Kovac zwei Leute verloren, die den Verein erfolgreich geführt hatten. Mit Markus Krösche und Oliver Glasner hat man wieder eine herausragende Kombination, aber man darf Präsident Peter Fischer nicht vergessen, der den ganzen Verein zusammenhält und enorm wichtig für die Identifikation ist.
Wenn wir nach Leverkusen schauen, glaube ich, dass man dort Rudi Völler - auch wenn Rudi in den vergangenen Jahren nicht mehr in vorderster Linie stand - mehr vermisst als man es gedacht hätte.
Bayers Auftritt in der Champions League war katastrophal. Sie können froh sein, dass sie in der Europa League weiterspielen dürfen. Bei ihnen steht keine richtige Mannschaft auf dem Platz. Ich glaube, dass es im Kader zu viele Gruppierungen gibt und es der Trainer sehr schwer hat, die Mannschaft zu vereinen. Für jemanden wie Xabi Alonso, der die deutsche Sprache nicht richtig beherrscht, ist das keine einfache Aufgabe.
Leipzig hat sich unter Marco Rose unheimlich stabilisiert, durch den Sieg gegen Real Madrid hatten sie sich das Endspiel gegen Donezk erkämpft und dieses souverän gewonnen. Diese Entwicklung, die sich auch in der Bundesliga zeigt, war in dieser Form nicht zu erwarten.
Dass die Dortmunder in ihrer Gruppe weitergekommen sind, war nicht selbstverständlich. Letztes Jahr sind sie in einer einfacheren Gruppe ausgeschieden. Mit den beiden Unentschieden zuhause gegen Sevilla und Manchester hat sich der BVB die Teilnahme am Achtelfinale erkämpft.
Insgesamt gebe ich den deutschen Mannschaften trotz des Leverkusener Ausscheidens für die Vorrunde eine 1 minus. Das ist zwar nur eine Momentaufnahme, aber es sollte der Anspruch einer deutschen Mannschaft sein, dass sie in ihrer Gruppe weiterkommt. Vier von fünf Klubs haben das mit Bravour geschafft.
Auch Roger Schmidt hate mit Benfica Lissabon ein Ausrufezeichen gesetzt und sich in der Gruppenphase souverän durchgesetzt. Nach sechs Spielen Paris Saint-Germain hinter sich zu lassen, ist nicht leicht. Benfica hat sehr interessante Spiele und ist nach vorne sehr gefährlich, wie man auch beim 6:1-Sieg in Haifa gesehen hat.
Neapel hat trotz der Niederlage in Liverpool die Gruppe als Erster beendet. Zusammen mit den Bayern haben sie in der Gruppenphase den besten Fußball gespielt, Khvicha Kvaratskhelia war für mich der beste Spieler in der Gruppenphase. Der Georgier hat auch in Liverpool wieder ein sehr gutes Spiel gemacht, dazu ist die Geschichte, wie er nach Neapel kam, der Wahnsinn.
Wahnsinn ist auch auf der anderen Seite und ein Flop der Gruppenphase ist für mich, wie man als Mannschaft so auseinanderfallen kann wie der FC Barcelona. Robert Lewandowski wird nicht jünger und mit jedem Jahr wird es für ihn schwieriger, seine Ziele zu erreichen. Wenn man mich fragt, ob er mit Barca die Champions League gewinnt, würde ich nein sagen. Die Probleme in Barcelona gehen über den Platz hinaus. Barca ist hochverschuldet und befindet sich am Scheidweg, ähnlich wie Atletico Madrid, das sang- und klanglos in der Leverkusener Gruppe komplett ausgeschieden ist.
Beim Blick auf die Auslosung der Achtelfinals am Montag (ab 11.30 Uhr im Livestream) würden die Bayern sicherlich PSG und Liverpool gerne aus dem Weg gehen und eher auf Brügge oder Milan hoffen.
Dortmunds potenzielle Gegner sind allesamt gute Mannschaften, da ist aber kein Team dabei, dem ich an ihrer Stelle lieber aus dem Weg gehen, oder welches ich für den BVB bevorzugen würde. Für Leipzig und Frankfurt wäre Manchester City das schwierigste Los, wünschenswerter wäre für die Eintracht wieder ein Gegner aus Portugal, dann können sie es auch ins Viertelfinale schaffen.