Es war eine harte Nuss, die die deutsche Nationalmannschaft am Freitagabend knacken musste. Mit einer Willensleistung setze sich das DFB-Team aber letztlich gegen Rumänien durch und zeigte auch, dass die Arbeit von Bundestrainer Hansi Flick langsam erste Früchte trägt.
1. Neue Siegermentalität im DFB-Team
Als es im Hamburger Volksparkstadion nach nur neun Minuten 1:0 für die Gäste aus Rumänien stand, fühlte man sich sofort an alte Muster aus dem Ende der Ära Löw erinnert. Doch es sollte anders kommen. Die Mannschaft kämpfte sich zurück, drehte gegen beherzt verteidigende Rumänen die Partie und zeigte dabei eine Einsatzbereitschaft und einen Siegeswillen, den man so beim Nationalteam lange vermisst hat.
Dafür machte der Bundestrainer seiner Truppe erstmal ein großes Kompliment. "Wir waren sehr gierig, dieses Spiel zu gewinnen", lobte Flick und erklärte, dass es Teil der Entwicklung sei, auch solche Spiele "mit Überzeugung und Begeisterung" zu beenden.
Auch die Mannschaft selbst vertrat einhellig die Meinung, dass der 2:1-Sieg eine Willensleistung war. "Wir haben viel Leidenschaft ins Spiel reingesteckt", sagte Ersatz-Kapitän Joshua Kimmich im RTL-Interview und auch Marco Reus zeigte sich "sehr einverstanden mit dem Willen und der Moral".
2. Flick bringt das Bayern-Gen zurück
Spieler wie Kimmich, aber auch die Torschützen Serge Gnabry und Thomas Müller, leben diese Einstellung vor. Und selbst der in der Vergangenheit viel kritisierte Leroy Sane ist "gelaufen wie der Teufel und hat die Bälle zurückerobert", so Sky Nationalmannschafts-Reporter Uli Köhler.
Die "All-In"-Mentalität, wie es Flick nennt, sind Kimmich und Co. vom FC Bayern längst gewohnt, nun können sie diese aber auch in der Nationalmannschaft wieder auf den Platz bringen. Es scheint, als kehrt durch Ex-FCB-Coach Flick das Bayern-Gen ins DFB-Team zurück.
3. Schulterschluss mit den Fans
Und nicht nur in der Mannschaft kommt diese neue Energie an, sondern auch beim Publikum. Trotz des frühen Gegentors und des Rückstands zur Halbzeit, war auf den Rängen kaum Unzufriedenheit zu vernehmen. "Das Publikum hat ein sehr gutes Gespür. Da wächst was zusammen und das ist eine Mannschaft, die wieder Freude machen kann und selbst ohne Tor Freude gemacht hat", so Köhler.
Ein neuer Rückhalt, der auch bei den Spielern auf dem Platz ankam. "Obwohl wir mit 0:1 zurücklagen, wurde die Leistung honoriert. Und als dann das 2:1 fiel, war es schon eine kleine Explosion. Man hat die Verbindung gespürt, wir haben das auf dem Spielfeld sehr genossen", lobte Müller den Support der Fans.
4. Standards sind wieder eine Waffe
Neben Mentalität und Stimmung zeigte sich aber auch sportlich eine erste Entwicklung, denn Standards sind beim DFB-Team jetzt wieder eine spielentscheidende Waffe.
Der Siegtreffer resultierte aus einer Ecke von Kimmich, die Leon Goretzka per Kopfballverlängerung für den am zweiten Pfosten heranschleichenden Müller vorlegte. "Das war einstudiert", stellte Köhler fest und verweist auf den neuen DFB-Standard-Trainer Mads Buttgereit.
Auch Flick bestätigte, dass das 2:1 kein Zufallsprodukt war: "Wir haben da eine kleine Geschichte. Thomas hat da draußen beim Eckball einfach nichts zu suchen, er muss im Strafraum stehen. Leon ist auch gut in den Ball reingegangen und Thomas hat dann hat den freien Raum gefunden."
5. Das Sturm-Problem bleibt
Der einzige, der am Freitagabend wohl nicht ganz zufrieden ins Bett gegangen sein dürfte, ist Timo Werner. Der Stürmer, der sich bei der Nationalmannschaft eigentlich ein bisschen Selbstvertrauen zurückholen wollte, hatte gegen Rumänien einen schweren Stand (Note: 5).
Werner habe "nicht immer genau die Positionierung gehabt, die er braucht. […] Das kann er besser machen und das erwarten wir auch von ihm. Da müssen wir die Abläufe nochmal trainieren", kritisierte Flick, der seinem Schützling dennoch weitere "Einsätze und Rückendeckung" versprach.
Die DFB-Stars in der Einzelkritik
Während sich also auch unter dem neuen DFB-Coach kein echter Knipser hervortun will, muss die Offensivabteilung um Müller, Gnabry und Co. als Kollektiv einspringen. Dass das auch mit Erfolg gekrönt sein kann, dürfte das Duell gegen Rumänien gezeigt haben.
Und auch wenn sich ein Fan in Hamburg mit einem Plakat den Hinweis auf Ex-HSV-Stürmer und Zweitliga-Rekordtorschütze Simon Terodde erlaubte, könne Flick - wie Köhler betont - letztlich nur "mit dem Personal arbeiten, das er hat".